Mitten in Pliening:Qual der Wahl für Gründenker

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Grün bewegte Bürger in der Gemeinde müssen sich entscheiden, weil die Grünen und der Bund Naturschutz genau am gleichen Abend ihre Versammlungen abhalten

Kolumne von Alexandra Leuthner

Natürlich, um den Klimawandel steht es richtig prächtig. Er gedeiht zuverlässig und ist noch dazu in aller Munde. Dem Klima geht es allerdings nicht ganz so gut. Obwohl - das können wir gar nicht wissen. Vermutlich ist es ihm relativ egal, ob es sich wandelt. Im Gegensatz zu tief liegenden Inseln im Pazifik, Lagunenstädten am Mittelmeer oder Landwirten in afrikanischen, australischen oder norddeutschen Steppen wird es auch noch da sein, wenn die Genannten und der Rest der bewohnten Welt längst untergegangen sind. Und das wird, woran es wenig Zweifel gibt, in nicht allzu ferner Zukunft der Fall sein, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Rechten Stänkerern mit Realitätsverlust und unbelehrbaren Staatenlenkern in Brasilien oder Amerika zum Trotz.

Dummerweise gehören auch wir hier zum Rest der Welt, und so ist es nicht verwunderlich, dass der Klimawandel die nationale und lokale Politik umtreibt, und, nach Jahrzehnten ökopolitischer Kärrnerarbeit, den Grünen ungeahnte Wählerpotenziale eröffnet. Die Partei, welche den Auftrag zum Kampf gegen schlechte Luft, sauren Regen, schmelzende Polkappen und sterbende Fische schon in ihre ersten vorparlamentarischen Strickmuster vor bald 40 Jahren eingearbeitet hat, bekommt nun endlich fast so viel Aufmerksamkeit wie der Klimawandel, dessen Abwehr sie sich verschrieben haben, selbst. Dass neben der Partei mit der Sonnenblume im Emblem auch Umweltorganisationen wie der Bund Naturschutz, Greenpeace oder der Landesbund für Vogelschutz großen Zulauf verzeichnen, ist da wenig überraschend. Auch ist anzunehmen, dass unter jenen, die jetzt bei den Grünen ihr Kreuz machen, viele sind, die neuerdings den Mitgliedsausweis eines dieser Umweltverbände mit sich tragen.

Aber auch wenn die Woge der Euphorie hoch schlägt, die Freude über die neue Resonanz für grüne Themen in der Bevölkerung riesig ist - und berechtigt! Unendlich leider ist die Menge der potenziellen Unterstützer aber doch nicht. Wieso also die Plieninger Grünen - zu Jahresanfang erst gegründet - und die Plieninger Ortsgruppe des Bunds Naturschutz ausgerechnet an ein und demselben Abend zur Aufstellungsversammlung für die Kommunalwahl 2020 und zur Jahreshauptversammlung einladen, ist schon für den neutralen Beobachter schwer zu verstehen. Für den wohlmeinenden Betrachter aber großer Unsinn, nimmt man sich doch garantiert gegenseitig die Leute weg. Bei den Naturschützern stand der Termin schon lange, so ist zu erfahren, vielleicht wussten das die Grünen nicht, vielleicht aber fangen sie ja deshalb eine halbe Stunde früher an. Wenn sie schnell machen - die beiden Veranstaltungsorte sind nicht allzu weit voneinander entfernt - können die frisch nominierten Gemeinderatskandidaten vielleicht noch schnell hinüber laufen und die letzten Minuten beim Bund Naturschutz miterleben. Das Auto werden sie dafür ja hoffentlich nicht nehmen müssen.

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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