Süddeutsche Zeitung

Mitten in Markt Schwaben:Überraschungsei Gemeinderat

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Was woanders eine Formsache ist, kann in Markt Schwaben eine lange Disskusion bedeuten - Ausgang ungewiss

Von Isabel Meixner

Was in anderen Gemeinden eine Formsache ist, ist in Markt Schwaben oft durchaus eine Meldung wert. Etwa, dass das Caritas-Zentrum Ebersberg 3208,50 Euro, der evangelische Diakonie-Verein 600 Euro und das katholische Kreisbildungswerk 1000 Euro Zuschuss für das Jahr 2014 erhalten. In der Gemeinde sind derartige Beschlüsse, zumal einstimmig, keine Selbstverständlichkeit. Je nach Tagesform und persönlicher Einstellung zu gewissen Themen nehmen sich die Gremiumsmitglieder Argumente nämlich mal mehr, mal weniger zu Herzen.

Zum Beispiel beim Sparen: Seit Jahren weist das Landratsamt die Markt Schwabener auf die angespannte Haushaltslage hin und darauf, dass freiwillige Leistungen zurückzufahren sind. Die Folge? Der Gemeinderat mutiert bei dem Thema zum Überraschungsei mit etwas Spiel, ganz wenig Spaß und viel Spannung. Mal wird ein Antrag in trauter Einigkeit durchgewunken, mal fällt er sang- und klanglos durch, mal gibt es eine Grundsatzdebatte, mal keine einzige Wortmeldung. Mitunter liefert das Gremium ein ziemlich groteskes Bild ab. Im Juli stimmte er zunächst dafür, dem katholischen Kreisbildungswerk einen Zuschuss zu den Kosten für 2014 zu zahlen, verhielt sich anschließend aber wie der berühmte Pinguin des Karikaturisten Uli Stein. Die vom Kreisbildungswerk beantragten 2172 Euro für 250 Veranstaltungsdoppelstunden? Dagegen. 1000 Euro Zuschuss wie in den vergangenen Jahren? Dagegen. Zehn Prozent weniger, also 900 Euro, um die Förderung nicht gleich einzustellen, aber ein bisschen zu sparen? Dagegen. Vor lauter Dagegensein vergaß der Gemeinderat ganz, dass er ursprünglich eigentlich dafür war . . .

Ein solches Schauspiel hat der Gemeinderat sich und den Zuschauern in der jüngsten Sitzung glücklicherweise erspart. Ob es das stillschweigende Eingeständnis ist, sich im Juli sauber blamiert zu haben? Möglich. Auch möglich, dass der Vorschlag von Bürgermeister Georg Hohmann hilfreich war, die Anträge wie gehabt zu behandeln und zu genehmigen, bis es neue Richtlinien für die Zuschüsse in der Gemeinde gibt. Diese werden nämlich derzeit von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Fraktionen, erarbeitet, bis Mitte 2016 soll sie Ergebnisse präsentieren.

Es kann aber auch einen banaleren Grund geben, warum der Gemeinderat plötzlich sogar den Zuschuss für das katholische Kreisbildungswerk ohne Murren genehmigte: Bei diesem sechsten Tagesordnungspunkt tagte er bereits mehr als drei Stunden.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2015
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