Süddeutsche Zeitung

Mitten in Grafing:Busse leer

Es reicht! Jedenfalls für heute. Das zeigt ein Chauffeur des Schienenersatzverkehrs auf recht originelle Weise an

Von Rita Baedeker

Erinnert sich noch irgendwer an Giovanni Trapattoni? Der war mal Trainer des FC Bayern und ging mit einer 1998 gehaltenen Wutrede in die Fußball-Geschichte ein. Jeder Satz ein Schatz. Etwa diese langgezogene Klage aus verwundeter Seele: "Struuunz! Was erlauben Strunz?" Oder folgende glasklare Kritik am Geschehen auf dem Rasen: "In diese Spiel es waren zwei, drei oder vier Spieler, die waren schwach wie eine Flasche leer!"

Es sind dies Sätze, welche die Welt nie vergessen wird. Die schnörkellose Schönheit einer Ansage wie "Ich bin müde jetzt Vater diese Spieler" greift ans Herz. Trapattonis musikalisches Deutsch ist längst Allgemeingut, Chiffre, um heftige Gemütsbewegungen zum Ausdruck zu bringen, ohne lange und kompliziert herumzulabern.

Dieser Art der Kommunikation hat sich letzthin auch der Chauffeur eines Omnibusses des MVV-Schienenersatzverkehrs in Grafing bedient, als er als Fahrtziel über der Frontscheibe nicht etwa Ebersberg oder Grafing-Bahnhof eingab, sondern die legendären Worte "Ich habe fertig". Für den Fahrgast bieten sich da mehrere Deutungsmöglichkeiten an: Der Fahrer verabschiedet sich in den Feierabend. Oder: Ihm langt's mal wieder gründlich. Oder beides.

Eines ist auf jeden Fall klar. Man sollte den Mann besser nicht ansprechen und auf keinen Fall den Versuch machen, in den Bus einzusteigen. Fragen erübrigen sich. Die Antwort könnte lauten: "Ist klar diese Wörter, ist möglich verstehen, was ich hab' gesagt? Danke." Das passt jetzt allerdings nicht in die Zielanzeige eines Omnibusses.

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Quelle:
SZ vom 06.06.2017
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