Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Wohin des Weges?

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Selbst der griechische Philosoph Platon hätte sich ob dergleichen Hinweise wohl fragend den Rauschebart gezupft

Von Wieland Bögel

Wenn der Frühling kommt, kommt das Leben so richtig in Fahrt. Ob in freier Natur oder in Gärten und Feldern: Überall sprießt das frische Grün und Rot und Weiß und Gelb und Blau und und und . . . Aber auch mitten in der Stadt, auf gepflasterten Wegen und asphaltierten Straßen, macht sich der Frühling bemerkbar, denn jetzt wird gebaut. Gut, das mit dem in Fahrt kommen hat sich damit dann erst einmal erledigt, aber zumindest das mit dem munteren Sprießen lässt sich auch an den zahlreichen Baustellen beobachten; und zwar meist im Rot der Stoppschilder und im Gelb der Umleitungswegweiser. Zwei besonders schöne Exemplare dieser Gattung sind nun in der Ebersberger Baldestraße gesprossen.

Die beiden Wegweiser haben fast schon etwas Künstlerisches. Der Betrachter hält unwillkürlich inne und fragt sich: Was wollen mir diese Schilder sagen? Und in der Tat wirkt die Botschaft zunächst sehr rätselhaft. Zwei Weiser weisen aufeinander, behaupten, der jeweils andere sei die Umleitung. Doch weisen die Weiser nun einen Weg nach rinks oder nach lechts oder weisen sie überhaupt einen Weg? Vielleicht weisen sie ja gemeinsam nur auf den Punkt zwischen den beiden Schildern? Ist dort eventuell das letzte baustellenfreie Fleckchen in ganz Ebersberg, der letzte Meter Straße und Gehweg, der nicht aufgehackt wird? Ist die einzig verbliebene Umleitung also gewissermaßen der Stillstand?

Nein, alles falsch. In Wahrheit handelt es sich bei den beiden Wegweisern nämlich gar nicht um Wegweiser, sondern um eine abstrakte Skulptur. Diese bildet eine so einfache wie zeitlose Weisheit ab, die der griechische Philosoph Platon bereits vor mehr als 24 Jahrhunderten formulierte und die da lautet: "Was immer Du tust, Du wirst es bereuen."

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Quelle:
SZ vom 05.05.2015
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