Es gibt Momente, da wünscht man sich, mit dem Kopf voraus in einem Misthaufen zu stecken. Solch ein Bedürfnis bekommt, wer in diesen Tagen über das Land fährt und das Autofenster öffnet. Mist ist zwar auch nicht direkt ein Eau de Toilette. Aber zumindest kein Odel. Gelangt er vom Fassl aufs Feld, entfaltet sich die Odelbrühe bisweilen derart intensiv, dass ihr Aroma nicht nur die Atemwege nitriert sondern auch Gehirnwindungen lahmlegt. Und so kommt es zu diesem Wunsch zurück in alte Zeiten, als schnell fündig wurde, wer die Nähe zu gehäuftem Kuhmist suchte.
Alteingesessene Ebersberger dürften sich noch an Sommer erinnern, die weniger geruchsintensiv waren. Vor 40 Jahren fuhren die Bauern nicht mit dem Odelfassl über ihre Felder, sondern mit dem Mistausbreiter. Seinerzeit hatte praktisch jeder Bauernhof im Landkreis Ebersberg einen Misthaufen. In der Kreisstadt war einst gar mitten im Ortszentrum ein Misthaufen aufgetürmt - im Klosterbauhof vor dem Alten Speicher, der damals ein Kuhstall war. Damals gehörte der Misthaufen zu Ebersberg wie das Stadtwappen und der Kirchturm. Die Kreisstadt war ein Ort, an dem die Mistgabel dominierte.
Bei all den Vorteilen für den Ertrag der Bauern von heute hat Odel im 21. Jahrhundert doch einen gesellschaftlich immer schwereren Stand, was schon daran zu erkennen ist, dass in den Ebersberger Klosterbauhof nie eine Odelgrube eingelassen wurde. Hinzu kommt der Plan von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Glöckner (CDU), Bauern beim Odeln per Gesetz einzubremsen. Von Fördermitteln für Mistausbreiter-Maschinen ist aus Berlin hingegen nichts überliefert. Womöglich ist die Ministerin noch nie mit offenem Fenster durch die Region gefahren.