Wie in den meisten öffentlichen Gebäuden gilt auch bei Gericht: Tiere müssen draußen bleiben. Zumindest echte, so wurde im Ebersberger Amtsgericht vor einiger Zeit einmal eine Ratte ganz offiziell des Saales verwiesen. In anderer Form sind Tiere indes durchaus gelegentlich in Verhandlungen anzutreffen, bilden ihre Namen doch oftmals den Anlass einer solchen.
Nicht jeder schätzt es schließlich als Esel, Wildsau oder diverses Hornvieh bezeichnet zu werden. Was manchmal sogar direkt in einer Verhandlung passiert. Ebenfalls am Amtsgericht Ebersberg schaffte es der Vorwurf eines Prozessbeteiligten an den Vertreter der Gegenpartei, der sei "ein rüder Büffel" sogar ins Protokoll. Auch das schwarze Schaf ist ein bekannter Vertreter metaphorischer Vierbeiner bei Gericht, weniger kreative Berichterstatter verwandeln den Angeklagten gerne in einen maximal pigmentierten Paarhufer. Weiße Schafe indessen sind derzeit am Ebersberger Amtsgericht unterwegs - genauer: Vor dem Gericht.
Dort, ein Stück vom Gebäude entfernt, sind seit einiger Zeit die wolligen Wiederkäuer zugange. Wer sich in der Sitzungspause, von denen es dank der Corona-Lüftungsregeln aktuell sehr viele gibt, ein bisschen die Beine vertritt, kann ihnen dabei zusehen, wie sie auf der Wiese vor dem Fenster ihrer Arbeit nachgehen. Offenbar sind sie als Grünflächenpfleger angestellt, wobei sie sich - passend für eine solche Umgebung und im angenehmen Gegensatz zu anderen im Gärtnereigewerbe - durch angenehme Lautlosigkeit auszeichnen: Was ist schon das Mähen der Schafe gegen das motorisierte?
Ihr Einsatzgebiet liegt übrigens ganz in der Nähe des Notausgangs für den größten Verhandlungssaal des Gerichts. Vielleicht ein Zufall, vielleicht aber auch eine geschickte Strategie: Sollte eines der schwarzen Schafe die Verhandlung spontan über den Notausgang verlassen wollen und träfe auf die weißen, was unwillkürlich weil unbewusst zum Zählen der Letzteren durch Ersteres führen würde, wäre der Fluchtversuch schneller wegen akuter Müdigkeit beendet, als man Mäh sagen kann.