Mitten in Ebersberg:Superman mit Latzerl

Ein Schulung bei der Polizei gibt Hinweise, dass so mancher Schulweghelfer im Einsatz seine Kompetenzen überschreitet

Kolumne von Anja Blum

Kleider machen Leute, so lautet eine durchaus berechtigte Lebensweisheit. Und ganz besonders gilt sie für Uniformen. Die nämlich lassen kaum jemanden kalt. Der eine sieht darin eine ernstzunehmende Autorität - sei es im weißen Kittel oder in der Feuerwehrmontur - im anderen löst der Anblick derartiger Bekleidung einen Fluchtreflex oder gar Schlimmeres aus.

Doch Obacht: Kommt man plötzlich in den Genuss, eine Uniform zur Schau stellen zu dürfen, sollte man deren Wirkung auf keinen Fall überschätzen. Zumindest, wenn man gerade das Ehrenamt "Schulweghelfer" übernommen hat. "Sie tragen zwar auch ein Kostüm wie er, aber Sie sind nicht Superman!", sagt ein Ebersberger Polizist bei der Schulung und blickt eindringlich in die Runde. Wenn ein Fahrzeug auf einen Lotsen zukomme, sei Vorsicht geboten, selbst bei nur 30 Stundenkilometern betrage der Bremsweg deutlich mehr als zehn Meter. Sich ohne Megakräfte einem fahrenden Auto in den Weg zu schmeißen, ist also keine gute Idee, selbst mit Kelle in der Hand.

Stellt sich nur die Frage, was der Verkehrssicherheitsbeauftragte mit den vorangegangenen Generationen an Schulweghelfern schon so alles erlebt hat, dass er solch drastische Vergleiche zieht? Auch sein Hinweis, dass die Kelle ein Hinweiszeichen sei, keine Schlagwaffe, fällt in die Kategorie etwas verstörender Aussagen. "Wenn Sie damit Dellen in ein Auto schlagen, greift die Versicherung für Schulweghelfer nicht mehr", so seine Warnung. Überhaupt setzt der Polizist auf Deeskalation: Man solle am Lotsenübergang bitte keinen Streit anfangen, weder mit Autofahrern, noch mit Radlern oder älteren Schülern. Sondern übles Fehlverhalten bei der Polizei melden und ihnen den Rest überlassen. Doch ist es wirklich nötig, das zu betonen? Haben sich schon so viele Ebersberger Schulweghelfer wie die Barbaren benommen? Gar Selbstjustiz verübt?

Offenbar steigt so manchem die Uniform zu Kopf - und kaum hat man die Kelle statt des Lenkrads in der Hand, ändert sich die Perspektive im Nu. Dabei befindet sich der Schulweghelfer doch auf der untersten Stufe aller Uniformierten. Und das nicht nur, weil seine Maskerade aus einem meist viel zu großen, leuchtenden Latzerl, einem knallgelben Käppi und überdimensionierter Kelle bei genauerer Betrachtung modisch ein Super-Gau ist. Nein, er hat einfach nichts zu sagen. Er ist nur der Freund der echten Helfer. Zwar wichtig, aber überhaupt nicht VIP.

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