Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Sonnengeküsstes Wahlkuscheln

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Die ersten Wochen im neuen Jahr gelten als besonders trist. Gut, dass es den Weltknuddeltag am 21. Januar gibt. Dieser könnte sogar bei der anstehenden Kommunalwahl eine entscheidende Rolle spielen

Kolumne von Franziska Langhammer

Fad, fader, Januar: Sind die herzerwärmende Adventszeit, das mit Vorfreude überzogene Weihnachtsfest und die knallige Silvesterparty vorüber, beginnt wetter- und stimmungstechnisch die tristeste Zeit im ganzen Jahr. Erbarmt sich dann noch nicht mal Frau Holle, uns Schnee zu schicken, der mit seiner Weiß- und Weisheit das hässliche Grau bedeckt, wird es, wie man so schön in Bayern sagt, zach. Geschickte Urlaubsplaner verlegen in diese Zeit ihre Reisen in sonnengeküsste Regionen, noch geschicktere Tiere fallen einfach in den Winterschlaf. Wir anderen müssen jetzt vor allem eines: durchhalten.

Zum Glück aber gibt es die Amerikaner. Damit sind nicht Süßwaren und schon gar nicht hellschopfige Kriegszündler im Wahlkampfmodus gemeint. Nein, an dieser Stelle wollen wir uns erkenntlich zeigen bei zwei US-Bürgern, die schon vor 34 Jahren auf die emotionale Ödnis dieser Wochen aufmerksam geworden sind und dieser mit einer natürlichen Droge entgegenwirken wollen: Oxytocin, auch bekannt als das Kuschelhormon. 1986 nämlich wurde der erste Weltknuddeltag ausgerufen, der sich zuerst epidemisch im angloamerikanischen Raum und schließlich auch in Europa ausbreitete. Am 21. Januar darf gekuschelt und umarmt werden, was das Zeug hält.

Nicht von ungefähr liegt dieses Datum genau zwischen zwei Festtagen der Liebe: Weihnachten und Valentinstag. Wenn man etwas weiter blickt, passt das dieses Jahr datumsmäßig auch ganz hervorragend in den Countdown zum bald startenden Wahlkampf für die Kommunalwahlen, die am 15. März ihren Höhepunkt finden werden. Wie wäre es denn, mal statt in den Wahlkampf ins Wahlkuscheln zu ziehen? Anstelle von Infoständen gäbe es Bürgermeister-Kandidaten, die Schilder hochhalten, welche "Free Hugs" garantieren; jeder willige Bürger dürfte den Amtsanwärter einmal nach Herzenslust durchknuddeln. Klinkenputzen würde durch enges Schulternreiben ersetzt, Handshakes durch Eskimo-Nasenküsse, und so würde jede Menge Oxytocin freigesetzt durch den Landkreis schweben. Ist das nicht eine schöne Vorstellung? So manch ein Kandidat, der sich bisher nicht sicher war, wie er sich mit seinen potenziellen Wählern auf Du und Du stellen könnte, müsste sich keine Gedanken mehr machen. Wahlprogramme? Pff, Muckefuck von gestern, wenn ich meinen Wunschkandidaten knuddeln kann.

Wem das zu weichgewaschen und wenig bissfest ist, der kann seine Wahl natürlich wie bisher auch auf Grund einer rationalen und redlich abgewogenen Entscheidung treffen, indem er das Wahlprogramm jedes einzelnen Bewerbers studiert und sich darüber mit Experten austauschend eine Meinung bildet. Und stattdessen das Knuddeln auf seine Liebsten beschränken.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2020
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