Mitten in Ebersberg:Früher war mehr Buuhuu

Die Weiße Frau verhält sich ruhig, auch die Neufarner Feuermännlein hat man schon länger nicht mehr gesichtet. Und auch in Ebersberg ist die Geisterstunde nicht mehr das, was sie mal war

Kolumne von Wieland Bögel

Der Spuk ist vorbei. So sagt man oft, als Umschreibung für das Ende einer unangenehmen oder schlimmen Sache. Auch im Landkreis kann man sagen: "Der Spuk ist vorbei", was hier aber ganz wörtlich zu nehmen ist. Denn das Gespenstertreiben kennt hier entgegen dem allgemeinen Boom in so gut wie allen anderen Gebieten nur einen Trend: ganz nach unten.

Das war nicht immer so. Der Landkreis Ebersberg war, was ektoplasmatische, metaphysische und andere phantasmagorische Phänomene angeht, einmal führend in der Region. Auch oder gerade weil es die klassischen Schlossgespenster - mit oder ohne rostige Rasselkette - hier, trotz einer Vielzahl an Schlössern, nie zu etwas gebracht haben, tummelten sich in früheren Zeiten eine ganze Reihe mysteriöser Gruselgestalten, von denen einige durchaus unangenehm werden konnten. Die bekannteste - und wohl auch unangenehmste - ist natürlich die berühmte Weiße Frau aus dem Forst. Sie fällt in die Kategorie "klassisches Lakengespenst mit miesem Charakter". Ist sie doch deswegen berüchtigt, weil sie sich in vorbeifahrende Autos setzt, und das bei voller Fahrt, was schon des Öfteren übel ausgegangen sein soll - also für die anderen Autoinsassen, weniger für das Gespenst. Doch obwohl dieses vor einigen Jahren eine filmische Hommage erhielt, hat es sich selbst schon länger nicht mehr blicken lassen. Genau übrigens wie die berüchtigten Feuermännlein vom Neufarner Berg. Die sollen zwar ziemlich gruselig anzuschauen gewesen sein, ansonsten aber eher die Kategorie: "freundlicher Kobold" - in dunklen Nächten, so die Legende, setzten sie sich auf den Kutschbock und geleiteten die Fuhrwerke über den Berg. Vermutlich sind sie ein Opfer des technischen Fortschritts geworden und wurden durch die Motorisierung gewissermaßen wegrationalisiert, denn auch von den Feuermännlein hat man schon ewig nichts mehr gehört. Gleiches gilt auch für die Waldgeister, die einstmals zwischen Baldham und Vaterstetten ihr Unwesen getrieben haben sollen - deren Verschwinden wohl nicht unwesentlich mit der Tatsache zusammenhängt, dass deren Wald schon vor Jahrzehnten abgeholzt wurde.

Für alle, die auf der Suche nach etwas Grusel sind, blieb da als letzte Hoffnung nur noch das Volksfest in Ebersberg. Denn dort gab es heuer auch ein Spukhaus, vielleicht hatten ja sogar einige der heimat- und arbeitslosen Geister dort eine neue Aufgabe gefunden? Nichts wie hin also, jedenfalls nach einem kurzen Zwischenstopp im Festzelt-Biergarten, es blieb ja noch Zeit, noch eine Stunde bis Mitternacht. Doch zur Geisterstunde war das Geisterhaus längst geschlossen - offenbar haben festangestellte Gespenster arbeitnehmerfreundlichere Arbeitszeiten als die freischaffenden Kollegen, kein Wunder, dass deren Job keiner mehr machen will.

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