Mitten in Ebersberg:Ebersberger Auenland

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Hilft es gegen die Entfremdung des Menschen von der Natur, wenn die jetzt plötzlich E-Mails schreibt?

Glosse Von Johannes Korsche

Man hat sich ja gänzlich entfremdet von der Natur. Schwirrt ein Falter durchs Fenster in der Nacht, ist man um den Schlaf gebracht. Krabbelt mal eine Ameise über das Bein, bricht ein hektischer und ungleicher Kampf gegen das verwirrte Insekt aus. Und welche Art von Ganzkörpertanz Bienen und Wespen auslösen, ist schon eine besondere Form der rhythmischen Sportgymnastik. Dabei muss man der Natur im Ebersberger Landkreis zugute halten, dass sie schon immer um Entspannung bemüht ist. Jahrhundertelang auf analogem Weg. Neuerdings offenbar auch im Digitalen.

Dabei war der vordigitale Ansatz ein guter. Höchstens ein wenig zu geduldig, denn er ging so: Über die Jahre sollten die Ebersberger zu naturverbundenen Hobbits erzogen werden. Jene kleinen, in gemütlichen Behausungen in den Hügeln des Auenlandes lebenden Barfußgänger, die sich J. R. R. Tolkien einst als Bevölkerung für seine Mittelerde ausgedacht hat. Na, wenn es sich mit den Hobbits so entspannt leben lässt, dachte sich wohl die Ebersberger Landschaft, kopier ich mal das Auenland und schau, was passiert. Tolkien beschreibt die Heimat der Hobbits als grünes, mit Hügeln durchzogenes Idyll. Lichte Wälder da, ein paar Weizenfelder dort und eine Hauptstraße, die das Auenland von Ost nach West durchquert. Man könnte diese Straße auch B 304 nennen, wenn die Parallelen immer noch nicht genug eindeutig genug sind.

Aber die Natur verliert ihre Geduld mit den widerspenstigen Immer-Noch-Nicht-Hobbits in Ebersberg. Der jahrhundertealte Plan ging nicht auf, schließlich baut der Mensch immer noch keine luxuriösen Hobbithöhlen in die Hügel um Glonn, sondern Hochhäuser an Bahnhöfe. Genug, dachte sich die Natur und verschickte Handynachrichten. Zumindest verriet vor kurzem die Absenderzeile des Handys, dass "Mutter Natur" eine Nachricht geschickt habe. Peinlich ertappt, überlegte man schon, wo der Spaten liegt, um mit dem Höhlenbau anzufangen. Soweit kam es aber nicht, ein Kommunikationsunternehmen wollte nur mitteilen, dass es nun auf grünen Strom umgestiegen sei - und tat dies eben im Namen der "Mutter Natur". Arme Mutter. Es liegt nun an den Ebersbergern endlich auf die malerische Landschaft zu hören: Wo beantragt man eine Baugenehmigung für Hobbithöhlen?

© SZ vom 30.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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