Mitten in der S-Bahn:Die Würze des Arbeitswegs

Es gibt schönere Momente, als den, wenn jemand mit einem Döner in die Bahn steigt: Zum Beispiel, wenn Fahrgäste wohlriechende Pflanzen dabei haben

Von Barbara Mooser

Die Fahrt zur Arbeit mit der S-Bahn bietet, das wird wohl kaum jemand bestreiten können, einige Nachteile. Zu den unwesentlichen zählt die Tatsache, dass man halt nie recht weiß, ob man rechtzeitig abfährt oder ankommt. Schwerer wiegt aber natürlich, dass man nicht laut 80er-Jahre-Hits im Radio mitsingen darf, wie es im Auto problemlos möglich ist. Oder dass im Winter nicht eine Sitzheizung das Kreuz behaglich wärmt.

Am schwersten fällt aber bei der S-Bahn negativ ins Gewicht, dass man sie mit anderen Menschen teilen muss. Mit Menschen, die seelenruhig ihre Fingernägel feilen und ihre Augenbrauen zupfen, oder mit Menschen, die das Frühstück auf den Arbeitsweg verlegen und mit dem Löffel so lang in ihrer Tupperdose herumkratzen, bis auch das letzte Haferflöckchen ihres selbstgemachten Müslis erwischt ist. Oder mit Mitfahrern, die nicht an regelmäßige Duschen glauben, dafür aber gern nach einem langen, heißen Sommertag auf dem Heimweg die Schuhe ausziehen und die Füße hochlegen. In diesem Fall sind sogar die Fahrgäste zu bevorzugen, die sich noch schnell zur Wegzehrung einen Döner mit extra Zwiebeln und Knoblauchsoße geholt haben.

Geruchstechnisch ist die S-Bahn also oft eine Herausforderung; doch es gibt auch andere Erlebnisse - wie vor kurzem, als frischer Waldduft durch die Abteile der S 4 wehte und alle Fahrgäste sich neugierig umdrehten, woher denn dieser Wohlgeruch kommen könnte. Es war eine kleine Kiefer, die grün und frisch neben ihrem Begleiter saß, die dann leider aber allzu schnell wieder den Zug verließ. Ein einmaliger Genuss, könnte man meinen.

Doch dann, wenige Tage später, schon wieder: frischer Kräuterduft, diesmal ist der wohlriechende Fahrgast ein Basilikumtopf. Vielleicht wäre das mal ein Vorschlag für die anstehende MVV-Reform: Menschen, die Pflanzen dabei haben, fahren umsonst. Das würde die Kundenzufriedenheit immens steigern. Und die Pflanzen erleben auch mal den Duft der großen weiten Welt.

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