Mitten in der Region:Unermüdliche Heimwerker

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Das öffentliche Leben ist weitgehend heruntergefahren. Ruhig wird es deshalb aber noch lange nicht

Kolumne von Walter Gierlich

Natürlich ist es nicht erheiternd, dass man mehr oder weniger zu Hause eingesperrt ist, nicht mehr ins Kino oder Konzert gehen oder Freunde und Verwandte besuchen darf. Ein Gutes aber hat es, dass das Leben abrupt entschleunigt ist. Es sind kaum noch Autos unterwegs, die Lärm machen, von tieffliegenden Maschinen auf dem Weg zum Airport ganz zu schweigen.

Und die bayerische Staatsregierung, sonst beileibe nicht eine Institution, der gerne Lob gezollt wird, zeigte mit ihren Maßnahmen auch ein Herz für ruhebedürftige Menschen. Solche, die entweder ihre Arbeit von zu Hause erledigen müssen oder die durch den erzwungenen Stillstand die notwendige Geduld und die Konzentration aufbringen, endlich den schon lange im Regal herumstehenden Tausend-Seiten-Roman zu lesen. Denn anders als im Rest Deutschlands schloss Söders Kabinett im Freistaat die Baumärkte, was bei dem genannten Personenkreis die Hoffnung weckte, den heimwerkenden Nachbarn die nervtötenden Gerätschaften - das schiefe Bild sei in diesem Falle entschuldigt - aus der Hand geschlagen zu haben.

Doch da haben die Stille suchenden Menschen die Rechnung ohne die passionierten Bastler in ihrer Nachbarschaft gemacht. Die brauchen keinen Baumarkt, die haben Bohrer und Schlagbohrer genauso daheim wie Motorsäge und Flex. Hochdruckreiniger, Rüttelplatten, Betonmischer und erstaunlicherweise Baumaterialien aller Art sind ebenfalls Bestandteile der heimischen Werkstatt. Komisch, sie wollen, wenn sie schon daheimbleiben müssen, nicht etwa die Wohnung weißeln, was nebenan niemand zu hören bekäme. Solch eine Kleinigkeit schafft der Do-it-yourself-Profi wohl auch zu normalen Zeiten an einem Wochenende. Diese Wochen kann er viel besser nutzen, etwa um eine neue Zufahrt zur Garage zu betonieren oder, warum nicht, ein Gartenhaus zu zimmern. Wenn das geschafft ist, bleibt locker noch Zeit zum Rasenmähen und Heckenschneiden. Grrrrrr!

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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