Süddeutsche Zeitung

Mitten in der Region:Bloß keine Socken

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Man muss Geschenke kaufen. Man kann durch die Geschäfte streifen oder online shoppen. Wie man es macht, es ist nicht einfach

Von dennis wenzl

Online-Shopping ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits geht so in der Weihnachtszeit viel Besinnlichkeit verloren, wenn das Geschenk für Oma vor dem Flimmerschirm gekauft wird. Andererseits ist es ein nützliches Instrument, wenn der Einkäufer eine Großfamilie zu bescheren hat und den ganzen Dezember über die Geburtstage von drei Arbeitskollegen, zwei Geschwistern und zwei guten Freunden hereinprasseln. Oder man nehme das Geschenk für die Liebste: Klassisch wünscht sie sich Parfum. Aber wie es so ist, wechseln die Trends und während Mann alle zwei Jahre eine Pulle des selben Duftwassers braucht, geht Frau nach der neusten Mode. Oder nach dem einen namenlosen Duft, den sie an fremden Frauen erschnuppert hat.

Diesen ist sie gewillt zu suchen, ja zu jagen. Der auserkorene Schenker darf die Hatz begleiten, durch jede Parfümerie und Drogerie, Tag um Tag, Woche für Woche. Bis die Nasenhaare qualmen und man einen Zwiebelring nicht von einem Blumenstrauß unterscheiden kann, so viele kleine Papierstreifen musste man inhalieren, oder besser deren aufgesprühte Essenz. Ist der Geruchssinn platt, geht man eine kurze Runde und kehrt dann zurück zum Ort der tausend Gerüche. Hat die Angebetete sich trotzdem bis Heiligabend nicht entschieden, sieht man die Männer an die geschlossenen Türen der Geschäfte hämmern, wie einst die wilden Horden an die chinesische Mauer.

Kauft man im Internet, bleibt die Nase ungereizt und man bekommt gar noch Geschenke dazu. Bis zu drei Stück kann man wählen. So genannte "Pröbchen" der neuesten Kreationen, die man zwar nicht brauchen kann, aber sehr wohl haben muss. In Zeiten des gläsernen Menschen gewinnt auch das einst so wohlgehütete Geschenkgeheimnis an Transparenz. Mutti ordert schon seit Jahren ihr Geschenk und Vati hat schon alles. Sollte nun trotz aller analoger und digitaler Möglichkeiten alles schiefgehen, gibt es mittlerweile die moderne Version des Eselshuts, den Online-Pranger. Und so heißt es dann auf Jugendneudeutsch: #NiemandmagSockenzuWeihnachten.

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Quelle:
SZ vom 21.12.2015
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