Autofahren im Winter:Bei Schnee stellen sich die Münchner wie Fahranfänger an

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Seit in der Region Schnee liegt, zischen Münchens Schlitten nicht mehr arrogant-lässig an einem vorbei, sondern blockieren immer häufiger langsam vor sich hinwackelnd die Überholspur. (Foto: dpa)

Sie veranstalten Hupkonzerte, wenn Autofahrer vom Land sich in der Spur irren. Doch wehe, es ist auch nur eine Flocke am Himmel zu sehen.

Kolumne von Korbinian Eisenberger

95.5 Charivari ist ein recht passabler Münchner Radiosender, er kommt jugendlicher daher als ein Großteil der Konkurrenz, aber nicht ganz so schrill und nervtötend wie die anderen Junge-Leute-Sender. Die Moderatoren sind nicht ganz so anstrengend, und zwar, weil sie nur ganz selten so groben Mist verzapfen wie an diesem Montagmorgen - da sagte der Moderator diesen Satz: "Die Münchner sind halt einfach die besten Schneefahrer."

Wer in diesen Tagen zwischen Stadt und Region mit dem Auto pendelt, muss sich über die Feststellung des Charivari-Moderators mindestens wundern. Die Straßen und Autobahnen liefern nämlich unzählige Gegenbeweise. Seit in der Region Schnee liegt, zischen Edelschlitten mit dem "M" auf dem Nummernschild nicht mehr arrogant-lässig an einem vorbei, sondern blockieren immer häufiger langsam vor sich hinwackelnd die Überholspur.

Manche Münchner trauen sich bei Schnee nicht, die Spur zu wechseln, andere verzichten beim Verlassen einer Parklücke plötzlich auf den Schulterblick. Wieder andere bringen es nicht fertig, vor dem Losfahren ihr Autodach zu fegen, und beglücken die Fahrer hinter ihnen mit Ladungen voll Schnee auf der Windschutzscheibe.

Klar, so ein Fauxpas unterläuft auch mal dem einen oder anderen Ebersberger, Freisinger oder Erdinger - es ist nicht so, dass die vom Land auf der Straße immer nur glänzen würden. Fahrerische Schwächen lassen einen besonders die Münchner gerne spüren: Wenn man mit einem Kennzeichen von außerhalb in ihre Stadt hinein fährt und sich vor einer Ampel zu spät einordnet, dann bekommt man die Quittung in Form eines Hupkonzerts serviert.

Wenn sich der Münchner in diesen Tagen jedoch aus der Stadt aufs Land hinaus traut, dann offenbart er seine große Schwäche. Bitter, aber wahr: Sobald auch nur eine einzige Schneeflocke am Himmel zu erkennen ist, steuern viele Münchner ihre Kutschen plötzlich im Stile eines Fahranfängers durch die Straßen.

Vielleicht fehlt es ihnen in der bayerischen Landeshauptstadt schlichtweg an Übung im Gelände. Münchner Führerschein-Besitzern kann man jedenfalls nur dazu raten, das Umland bei Schnee zu meiden und das Auto ausschließlich innerhalb der Stadtgrenzen zu bemühen. Dort fällt der winterliche Fahranfänger-Stil nämlich nicht auf. Und wenn doch, dann scheinbar vor allem positiv.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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