Süddeutsche Zeitung

Mitten auf dem Bahnhof:Irritation mit Ansage

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Die Lektion der vergangenen Tage, in denen eine störrische Schranke den Zugverkehr aus dem Takt bringt: Traue niemals den Anzeigen der Bahn!

Kolumne von Barbara Mooser

Es gibt einige Ratschläge fürs Leben, die man gern an die jüngere Generation weitergibt, zum Beispiel den: Beiße niemals einfach in ein Pizzastück, in dem sich große Tomatenstücke unter dem geschmolzenen Käse befinden. Brandblasen am Gaumen sind nämlich echt unerfreulich. Oder: Überprüfe wirklich noch einmal die Taschen deiner schwarzen Hose auf Papiertaschentücher, bevor du sie in eine Ladung dunkler Wäsche in die Waschmaschine wirfst. Es ist eine Lüge der Papiertaschentuchhersteller, dass diese waschfest sind.

Der allerwichtigste Tipp, jedenfalls im Münchner Umland, ist jedoch folgender: Glaube niemals und unter gar keinen Umständen den Informationstafeln oder Zugzielanzeigen bei der S-Bahn. Wer diesen Ratschlag kurzfristig vergessen hatte, musste das nun im Landkreis bitter büßen. Da hatte nämlich die Schranke zwischen Grafing und Ebersberg mal wieder ihre störrischen Tage, weshalb so allerlei aus dem Takt geriet. Wer am Montagabend von Ebersberg Richtung München fahren wollte, stellte zunächst fest, dass der Filzenexpress nach Grafing ganz ausfiel. Eine S-Bahn stand zwar auf dem Gleis, deren Abfahrt war auf der Informationstafel aber 25 Minuten später angekündigt. Wer angesichts dieser Tatsache einen Moment zu lang überlegte, ob er sich schon einmal in den stehenden Zug setzen oder noch kurz zum Einkaufszentrum eilen sollte, konnte wenige Sekunden später der S-Bahn nur noch hinterherwinken. Völlig aus dem Takt und ohne ein Wörtchen der Information an die Fahrgäste entschwand sie Richtung Landeshauptstadt. Überflüssig zu erwähnen, dass auch in 25 Minuten keine S-Bahn fuhr, diese fiel aus. Die übernächste fuhr dafür fast pünktlich.

Am nächsten Morgen bockte die Schranke immer noch, dennoch versicherten MVV-App wie Zugzielanzeiger, dass die S-Bahn einen pünktlich und zuverlässig ins schöne Ebersberg zurück bringen würde. Doch Überraschung: Die Fahrgäste erfuhren in Grafing-Bahnhof, dass dort wieder einmal ihre Reise ein vorläufiges Ende nehmen werde; gut 30 Minuten durften die Pendler das wohlbekannte Ambiente des Bahnsteigs genießen. Freilich hat die Bahn noch unzählige weitere Tricks auf Lager, um ihre Kunden nachhaltig zu verstören. Aber nicht alle sollen hier verraten werden. Ein bisschen sollen die jungen Leute schließlich auch aus ihren eigenen Erfahrungen lernen.

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Quelle:
SZ vom 04.09.2019
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