Mit spitzer Feder:Die Kunst der Narrenfreiheit

Von Trump über Söder zu Reitsberger und Korneder: Der Zeichner und Karikaturist Franz Eder hat schon alle zu Papier gebracht. Nun ist eine Ausstellung seiner Werke aus den vergangenen Jahren im Vaterstettener Rathaus zu bewundern

Von Sabina Zollner, Vaterstetten

Vor zwei übergroßen Wasserhähnen stehen die Bürgermeister von Vaterstetten und Grasbrunn, Georg Reitsberger und Klaus Korneder mit zwei Töpfen in der Hand. Doch anstatt Wasser fließen aus dem Hahn Geldscheine. Im Hintergrund sind Umrisse von Häusern zu erkennen. Etwas missbilligend schaut Reitsberger zu seinem Kollegen herüber. Korneder scheint aus dem Wasserhahn genauso viele Scheine zu bekommen, obwohl er einen sehr viel kleineren Topf in der Hand hält. Die Karikatur von dem Illustrator Franz Eder ist eine Anspielung auf die Gewerbesteuereinnahmen der beiden Gemeinden. Denn obwohl Vaterstetten etwa drei mal so groß ist wie Grasbrunn, hat sie in etwa die gleichen Gewerbesteuereinnahmen. Die Zeichnung ist mit 30 weiteren satirischen Karikaturen von Eder im Rathaus Vaterstetten zu sehen. Neben Bildern, die sich humorvoll mit der Kommunalpolitik auseinandersetzen, sind auch Porträts von Künstlern und Politikern ausgestellt.

Seit 31 Jahren lebt Eder am Technopark in Grasbrunn. Die politischen Geschehnisse, die sich vor seiner Haustür sowie in der Nachbargemeinde Vaterstetten abspielen, hält er seit 2011 in dem lokalen Magazin Living & Style in Form von satirischen Zeichnungen fest. Für den 77-Jährigen mache es keinen Unterschied, ob er eine Großmacht oder einen Lokalpolitiker zeichne. "Wenn einer eine lange Nase hat, dann zeichne ich ihm auch eine lange Nase", sagt der 77-Jährige und schmunzelt. Doch eins ist im Lokalen anders: die Art der Rückmeldung. Einen Trump oder Macron trifft der Zeichner nicht mal zufällig an der Supermarktkasse. Bei Georg Reitsberger kann das eben schonmal passieren. Deshalb ist es für den Karikaturist auch wichtig, dass seine Zeichnungen nie beleidigend sind.

Eder studierte Kartografie und Grafik, seine ersten Cartoons und politischen Karikaturen erschienen in den Basler Nachrichten. Über 16 Jahre arbeitete er bei der Schweizer Satirezeitschrift Nebelspalter. Der gebürtige Münchner zeichnete unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, den Münchner Merkur und die Abendzeitung. Seine Karikaturen wurden in mehr als 100 Büchern und Kalendern gedruckt.

An seinem Beruf gefällt dem Karikaturist vor allem seine Narrenfreiheit. "Damit ist alles entschuldigt", sagt er. Sein Zeichenstift ist für ihn eine leise Methode, seine Meinung zu äußern. Für eine Karikatur braucht er oft einen Anstoß durch ein Ereignis oder ein Geschichte. Dann überlegt er sich, was sich daraus zeichnerisch machen lässt. Wie lange er für eine Karikatur braucht ist völlig unterschiedlich. Doch seine Werke entstehen nicht an einem Tag. Oft beginnt der Künstler mit einer Skizze, die er dann für ein paar Tage bei Seite legt. Wenn eine Zeichnung fertig ist, legt er sie seiner Frau Elisabeth vor. Denn sie ist seine ehrlichste Kritikerin, so Eder.

Mit spitzer Feder: Von links: Erfinder Peter Meier, Franz Eder, Gemeinderat Günter Lenz und Bürgermeister Georg Reitsberger. Auch er wurde von Eder gezeichnet, sein Porträt reiht sich ein zwischen Trump, Söder und Co.

Von links: Erfinder Peter Meier, Franz Eder, Gemeinderat Günter Lenz und Bürgermeister Georg Reitsberger. Auch er wurde von Eder gezeichnet, sein Porträt reiht sich ein zwischen Trump, Söder und Co.

(Foto: Christian Endt)

In seiner Karriere fertigte der 77-Jährige viele Porträts von mächtigen Politikern an. Auch Donald Trump wurde von ihm karikiert. In seiner Zeichnung des Amerikaners sieht man einen leicht bekleideten Trump mit einem Riesenschädel, der mit einem Art Knüppel auf den Tisch haut. Um seine Hüfte hängt ein Fetzen Stoff im Stil der amerikanischen Flagge. Sein Gesicht sprüht nur so von Wut und es scheint als würde er einem direkt aus dem Bild anspringen. Für Eder zeigt das Porträt den Charakter des Politikers, der Knüppel steht für seine Art zu argumentieren.

Seine Karikaturen von Trump sandte Eder an verschiedene amerikanische Zeitungen. Diese lehnten sie jedoch ab. "Man sei besorgt, wie der Präsidentschaftskandidat auf die Zeichnungen reagieren würde", stand in einem Antwortschreiben an Eder. So ergriff der Karikaturist eben selbst Initiative. Er schickte dem Präsidenten seine Porträts und bat um seine Signatur. Die Zeichnungen wurden unsigniert zurückgeschickt. "Das Blatt war wahrscheinlich zu klein für seine Unterschrift", scherzt Eder.

Was Trump von Eders Karikatur hält bleibt offen. Eine sehr viel klarere Reaktion gab es von Markus Söder. Auch ihm schickte Eder einen Brief mit einer Karikatur. Zu sehen ist ein außergewöhnlich muskulöser Söder, der selbstbewusst auf einem Schild mit der Aufschrift "Mister Bavaria" thront, während er lässig eine kleine bayerische Fahne in seiner Hand schwingt. Auf den Brief antwortete Söder: "Man ist wahrscheinlich nicht wirklich in seinem Posten als bayrischer Ministerpräsident angekommen, wenn man nicht von Ihnen karikiert wurde." Die charmante Rückmeldung lässt sich wohl auch durch die Karikatur erklären: Der Ministerpräsident war bestimmt von seinem übertrieben muskulös dargestellten Körper geschmeichelt.

Mit spitzer Feder: Selbstporträt des Karikaturisten Franz Eder.

Selbstporträt des Karikaturisten Franz Eder.

(Foto: Veranstalter)

Neben Karikaturen von Berühmtheiten sind auch sehr persönliche Zeichnungen zu sehen. Denn bei seinen Enkeln ist der 77-Jährige auch bekannt als Zeichen-Opi. So bat Franz Eders Tochter ihren Vater vor einigen Jahren für Märchenerzählungen Karikaturen anzufertigen. Für Eder war das eine Selbstverständlichkeit. "Das sind meine Enkel. Da musste ich mir Zeit nehmen", sagt er. Aus einem Familienprojekt wurde ein Buch. Und aus seinen Enkeln wurden begeisterte Zeichner. Wenn Eder nicht gerade seinen Enkeln das Zeichnen beibringt, ist der 77-Jährige oft auch als Schnellzeichner unterwegs. So auch am Straßenfest in Vaterstetten am 20. Juli. Interessierte können sich dort von Eder karikieren lassen. Der Erlös geht an das Altenhilfewerk Vaterstetten.

Die Ausstellung ist bis 12. Juli von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr sowie am Donnerstag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

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