Oft beginnt es wie im Film: große Gefühle, große Versprechungen, die ganz große Liebe. Ein Feuerwerk der Emotionen, das jedoch, erwischt man einen narzisstischen Partner, ganz abrupt enden und sich nach einem Albtraum anfühlen kann. So beschreibt es die Autorin und Diplom-Psychologin Bärbel Wardetzki in ihren Büchern: Eine Spirale aus Kränkungen und Manipulationen nimmt ihren Lauf, die nicht selten in körperlicher Gewalt gipfelt. Wie es zu solchen Beziehungen kommen und wie sich der betroffene Partner befreien kann, damit befasst sich Wardetzki in ihrem Vortrag "Gewaltstrukturen in narzisstischen Beziehungen", den sie am 24. November in Ebersberg hält. Anlass ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, der jedes Jahr am 25. November begangen wird. Wardetzki kommt auf Einladung des Frauenarbeitskreises Ebersberg, der aus den Gleichstellungsstellen des Landkreises Ebersberg und der Stadt Grafing sowie dem Frauen- und Mädchennotruf besteht.
Nach wie vor ist das Thema "Gewalt gegen Frauen" ein großes. Dies offenbare aktuell die Diskussion, die unter dem Hashtag #MeToo geführt wird, wo zahlreiche Frauen weltweit ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung veröffentlichen, so Eva-Maria Berninger, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises: "Diese Debatte, die ja schon einmal vor drei Jahren aufkam und dann wieder verebbt ist, zeigt: Es muss weiterhin über Gewalt gegen Frauen geredet werden." Dazu zähle nicht nur körperliche oder sexualisierte Gewalt, sondern etwa auch Stalking oder Belästigung auf der Straße - Übergriffe, die auch im Landkreis Ebersberg stattfinden.
"Letztes Jahr hatten wir 403 Beratungskontakte. In 134 Fällen ging es um häusliche Gewalt", sagt Silvia Bothe vom Frauennotruf, "da ist kein klarer Rückgang zu sehen oder dass sich etwas verändert." Auch wenn sich in der Gesellschaft das Bewusstsein für dieses Thema in den letzten Jahren geschärft hat, sind viele noch davon überzeugt, dass es sich bei häuslicher Gewalt vor allem um ein Problem aus den schwächeren sozialen Schichten handle. "Das hängt fatal in den Köpfen fest", so Bothe. So seien es in vielen Fällen gut situierte Frauen aus der Mittelschicht, die sich beim Frauennotruf meldeten, und am Anfang des Gesprächs ihre Erfahrungen erst einmal herunterspielten.
"Die Frauen, die zu uns kommen, können oft selbst nicht begreifen, wie aus einer so tollen Beziehung eine gewalttätige werden konnte", so Bothe, "sie suchen die Schuld bei sich und können sich lange nicht von ihrem Partner lösen." Nicht selten übertrage sich die Erfahrung auf die nächste Generation: So hat oft einer der Partner in der Kindheit miterlebt, wie der Mutter Gewalt angetan wurde, und bringt dieses Rollenmuster dann mit in die eigene Beziehung. Den Frauen, die sich beim Notruf melden, helfe es manchmal, nur erzählen zu können und ernst genommen zu werden, sagt Bothe. Eine Zäsur bedeutete das Gewaltschutzgesetz, das vor sechs Jahren in Kraft getreten ist: Es stärkt die Rechte der Frauen, in der eigenen Wohnung bleiben zu können und nicht mit einer Flucht das gewohnte Umfeld oder sogar den Arbeitsplatz räumen zu müssen; stattdessen muss der Mann sich eine neue Unterkunft suchen. Bisher kennen die wenigsten Betroffenen diese Regelung.
Zumindest eines ändert sich hoffentlich jetzt: "Mit der aktuellen Debatte wurde das Problem endlich benannt", sagt Maximiliane Dierauff, Gleichstellungsgbeauftragte der Stadt Grafing, "das stärkt vielleicht das Selbstbewusstsein der jungen Frauen, und sie lassen sich nicht mehr gefallen, was früher noch toleriert wurde."
Den Vortrag "Gewaltstrukturen in narzisstischen Beziehungen" hält Bärbel Wardetzki am Freitag, den 24. November um 19 Uhr im Landratsamt Ebersberg. Der Eintritt ist frei.