Mehr Interessenten als Platz:Das Warten auf ein Zuhause

Bezahlbarer Wohnraum ist im Landkreis Ebersberg rar. Wer sich auf eine geförderte Unterkunft bewirbt, muss mit langen Wartezeiten rechnen - und auf die Gunst von Vermietern und Gemeinden hoffen

Von ANDREAS JUNKMANN

Robert Niedergesäß (CSU) ist nicht dafür bekannt, ein Freund von Übertreibungen zu sein. Wenn der Landrat also von "einer großen Sorge unserer Zeit" spricht, muss es sich schon um etwas Gewichtiges handeln. Gefallen ist dieser Satz beim Richtfest für den Neubau eines staatlich geförderten Wohnkomplexes in der Kirchseeoner Siedlerstraße. Niedergesäß thematisierte in seiner Rede den knappen Wohnraum, der auch den Landkreis Ebersberg vor eine immer größere Herausforderung stelle. Mit der Wohnungsgenossenschaft Ebersberg (GWG) und der Wohnbaugesellschaft Ebersberg (WBE) gibt es in der Region zwei Einrichtungen, die sich der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen verschrieben haben. Da die Nachfrage aber das Angebot deutlich übersteigt, ist es für Wohnungssuchende dennoch schwer, eine Unterkunft zu finden.

Wer in eine staatlich geförderte Wohnung ziehen will, muss sich zunächst im Landratsamt dafür vormerken lassen - und entsprechende Voraussetzungen erfüllen. Der Behörde ist es schließlich vorbehalten, die gemeldeten Fälle nach Dringlichkeit einzustufen und den Vermietern entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.

Einer, der deshalb in regelmäßigem Kontakt mit dem Sozialreferat steht, ist Ulrich Krapf. Er ist Vorsitzender der GWG, die derzeit 675 Mietobjekte im Landkreis betreut. "Wir melden dem Landratsamt, wenn eine Wohnung leer wird und bekommen dann geeignete Bewerber vorgeschlagen", erklärt Krapf. Die endgültige Entscheidung darüber, wer eine Wohnung bekommt, bleibt dann der Genossenschaft überlassen. Dieser Auswahlprozess kann dem GWG-Chef zufolge recht aufwendig sein. "Da muss man natürlich alle Argumente abwägen." Dazu zählen laut Krapf unter anderem die bisherige Vita des Bewerbers oder ob dieser in die Mieterstruktur des Hauses passe. "Es ist nicht so, dass wir einfach den Erstbesten nehmen."

WBE Präsentation Kapellenstrasse Grafing

Günstige Wohnungen wie die, die in der Grafinger Kapellenstraße entstanden sind, sind heiß begehrt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auswahl hat die GWG jedenfalls genug. Man merke, dass die Nachfrage sehr hoch ist, so Krapf, der täglich neue Bewerbungen auf den Schreibtisch bekommt. Für eine Wohnung gebe es in der Regel zwischen zehn und 15 Interessenten. Einer von ihnen bekommt den Zuschlag, der Rest wandert zurück in die Warteliste beim Ebersberger Landratsamt und muss hoffen, beim nächsten Mal mehr Glück zu haben.

Deutlich weniger Mitspracherecht über die Wohnungsbelegung - nämlich gar keines - hat die erst im Jahr 2016 gegründete Wohnbaugesellschaft Ebersberg. "Das Belegungsrecht bei unseren Objekten haben ausschließlich die Gemeinden", sagt WBE-Vorstand Brigitte Keller. Die Kommunen sind es auch, die die Grundstücke für die Bauprojekte zur Verfügung stellen und deshalb entscheiden können, wer dort wohnen soll. "Wir müssen nehmen, was uns vorschlagen wird", so Keller, ein Vetorecht gebe es nicht.

Einen ersten Komplex mit 21 Wohnungen hat die WBE in Grafing gebaut. In Moosach sollen laut Keller weitere acht Wohnungen dazukommen und für Anzing ist ein Gebäude mit etwa 20 Wohneinheiten geplant. Man werde die Objekte zwar ausschreiben, vorrangig seien diese aber für die Mitarbeiter von sozialen Einrichtungen bestimmt, wie dem geplanten vierten Kinderhaus, schränkt Anzings Bürgermeister Josef Finauer (Unabhängige Bürgergemeinschaft) ein. Wohnungssuchende dürfen sich deshalb bei der Gemeinde Anzing nur wenig Hoffnungen machen, eine günstige Unterkunft zu bekommen. "Nur die Wohnungen, die übrig bleiben, werden wir dann an Bedürftige vergeben", so der Bürgermeister.

Die Bedingungen

Wer sich um eine staatlich geförderte Wohnung bewirbt, muss laut Landratsamt in der Lage sein "auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu gründen" und "einen selbständigen Haushalt führen können". Noch entscheidender ist aber die Einkommensgrenze. Diese darf im Fall von Sozialwohnungen etwa bei einem Zweipersonenhaushalt ein Brutto-Jahreseinkommen von 22 000 Euro nicht übersteigen. Wer bis zu 60 Prozent über diesem Wert liegt, kann sich für eine einkommensorientiert geförderte Wohnung vormerken lassen. Laut Landratsamt seien mehrjährige Wartezeiten allerdings keine Ausnahme. Auf Anfrage teilt die Behörde mit, dass für die Bereiche Wohnungsbauförderung und Sozialwohnungen derzeit 478 Vormerkbescheide vorlägen. 157 Anträge seien wegen fehlender Unterlagen noch offen und 47 Anträge noch nicht bearbeitet. AJU

Hier werde man natürlich vorrangig Anzinger nehmen, sagt er. Anfragen gibt es ihm zufolge auch in seiner Gemeinde genug. "Bei mir steht, etwas überspitzt gesagt, fast jede Woche jemand im Büro, der eine günstige Unterkunft sucht." Der Bürgermeister zeigt sich deshalb "sehr aufgeschlossen dafür", dass im sozialen Wohnungsbau weiterhin "etwas gemacht wird".

So weit wie in Anzing sind die Planungen im südlicheren Moosach noch nicht fortgeschritten. Mit einer Fertigstellung des WBE-Projekts werde für Mitte 2020 gerechnet, so Bürgermeister Eugen Gillhuber. "Die Wohnungen sollen vorwiegend an sozial schwächere Personen vermietet werden", sagt der Rathauschef. Welche Kriterien man in Moosach dafür aber anlegen werde, sei noch nicht klar. Die Entscheidung obliege dem Gemeinderat und dieser habe sich bislang noch nicht damit auseinandergesetzt.

Bei einem anderen geförderten Wohnbauprojekt wird es für Interessenten schon deutlich konkreter. Wie das Ebersberger Landratsamt mitteilt, können für den GWG-Neubau in der Poinger Bergfeldstraße noch bis Ende März Bewerbungen eingereicht werden. Die Behörde rechnet eigenen Angaben zufolge mit 50 bis 100 Anträgen.

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