Die viereinhalb Minuten könnten problemlos in einem regionalen Fernsehformat laufen: Es geht um eine frühere Veganerin, die den Jagdschein macht, mit Wärmebildkameras über Wiesen fliegt, vom Füchse-Impfen gegen Tollwut erzählt und im Winter Futter mit dem Schlitten in den Wald fährt.
Doch der Kurzfilm ist keine Fernsehproduktion, sondern Philip Eimers Abschlussfilm. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hat den Grafinger als Deutschlands besten Azubi im diesjährigen Ausbildungsjahrgang zum Mediengestalter ausgezeichnet, das ist die schöne Nachricht. Die weniger schöne und ziemlich absurde: Trotzdem wurde der Grafinger in seinem Ausbildungsbetrieb nicht übernommen.

Berufsausbildung:„Hier hat es angefangen und hier endet es“
Moritz Weber hat seine Ausbildung als Mechatroniker beendet und startet ins Berufsleben. Ein letztes Mal durfte er jetzt als Ausbildungsscout vor einer Schulklasse stehen und von seinen Erfahrungen berichten.
Seine Ausbildung hat der 23-Jährige bei einer Münchner TV- und Online-Produktionsfirma gemacht. „Ein echt spannendes Umfeld in einer tollen Mannschaft, in dem ich zum Schluss sogar allein ‚Galileo‘-Beiträge schneiden durfte und für den Großteil der Postproduktion von einem Tiktok-Format verantwortlich war.“ Zu ihr gehören alle Arbeitsschritte der schlussendlichen Filmaufbereitung, Videoschnitt, Color Grading und Tonmischung zum Beispiel. Typischerweise Dinge, die eher „fertige“ Mediengestalter und nicht schon Azubis übernehmen. „Das Feedback, das ich bekommen habe, war durchweg ein sehr positives. Und die Noten an der Berufsschule waren auch ziemlich gut.“
Vielleicht auch deshalb, weil Eimer sich etwas abhebt in einer Branche, die eher von kreativen Köpfen geprägt ist. „In der Schule war ich immer ziemlich gut in Mathe und Physik. Vielleicht habe ich deshalb vergleichsweise technische Perspektiven auf eine Produktion.“ Perspektiven, für die – Stichwort vielfältige Talente im Team – Produktionsfirmen oft sehr dankbar sind.
Eigentlich sucht man fast überall nach Fachkräften
Umso ernüchternder verlief das Übernahmegespräch. „Da hieß es dann schon etwas überraschend, dass die Firma mich nicht übernehmen würde“, erzählt Eimer. Einige Wochen zuvor habe sich, wider Erwarten, ein größerer Kunde zurückgezogen. Pech für Eimer, dass ein einziger weggebrochener Auftraggeber gleich derart auf die Personalplanung durchschlägt.
Fest steht, dass die Nicht-Übernahme selbst für Nicht-Deutschlandbeste die Ausnahme darstellt. „Die Übernahmequoten erreichen im IHK-Bereich je nach Branche und Betriebsgrößenklasse bis zu 95 Prozent“, sagt Florian Kaiser, der Abteilungsleiter Berufliche Ausbildung bei der IHK für München und Oberbayern. „Die IHK-Ausbildungsbetriebe investieren viel in die Ausbildung ihres Nachwuchses, der immer schwieriger zu finden ist, aber angesichts des Fachkräftemangels immer dringender in den Firmen gebraucht wird.“ Laut Industrie- und Handelskammer fehlen der Wirtschaft allein in Oberbayern rund 40 000 Fachkräfte.
Die Betriebe seien im Allgemeinen über jeden Azubi froh, den sie übernehmen könnten, erläutert Kaiser. Zumal die Ausbildung für sie auch eine große Investition darstelle. Umso mehr gelte im Umkehrschluss: Gut ausgebildete und fertig qualifizierte Azubis sind für den Arbeitsmarkt attraktiv. Auf Eimers Geschichte angesprochen heißt es bei der IHK sinngemäß: Dass die Alternativensuche bei dem jungen Mann schwierig werde, könne man sich kaum vorstellen.
Tatsächlich ging es nach Eimers Übernahmegespräch auf diese Weise weiter. „Ich hatte natürlich erstmal so etwas wie Torschlusspanik, aber mich dann ganz klassisch umgeschaut“, erzählt Eimer. Auf die erste Bewerbung folgte das erste Gespräch – und prompt die Zusage. Sogar mit der Möglichkeit, hier und da „nebenher“ freiberuflich als Fotograf und Videoproduzent arbeiten zu dürfen.
Eimers Tipp für Leute in ähnlichen Situationen: „Nicht alle Mediengestalter-Stellen sind auch als Mediengestalter-Stellen ausgeschrieben. Bei mir hat es sich zum Beispiel gelohnt, etwas breiter zu suchen – also zum Beispiel auch nach Cuttern oder Tontechnikern.“
Anmerkung der Redaktion: In der früheren Version des Textes galt Philip Eimer noch als Bayerns bester Nachwuchs-Mediengestalter. Mittlerweile steht fest: Mit seinem Ergebnis steht er auch bundesweit an der Spitze. Wir haben die Stellen entsprechend angepasst.