Süddeutsche Zeitung

Markt Schwaben:World Wide Snack

Raphael Brandes brutzelt vor - die anderen kochen mit, unter ihnen ein Markt Schwabener CSU-Gemeinderat - und ein Gast aus Brasilien. Mit beachtlichen Ergebnissen.

Von Serafina Rumm

Mit der Süßkartoffel geht es los: Man pikse sie freundlich von allen Seiten mit einer Gabel an - wie einen, den man freundlich neckt, witzelt Raphael Brandes, der Vorkocher dieses Abends. Das Pieksen hilft damit die Flüssigkeit austreten kann, bevor man die Süßkartoffel bei 220 Grad im Ofen ausbacken lässt. Damit es weitergehen kann, erst einmal die restlichen Zutaten bereitlegen.

Freitagabend, der Ortsverband der Markt-Schwabener-Grünen hat zum digitalen Kochabend eingeladen. Die Veranstaltung ist parteiübergreifend. "Wäre doch blöd, wenn man nicht mitmachen möchte, nur weil das von uns organisiert ist", sagt Raphael Brandes, dritter Bürgermeister von Markt Schwaben und Mitglied bei den Grünen. Für den gelernten Koch, der zehn Jahre lang Wirt des Oberbräus in Markt Schwaben war, ist Essen "Liebe und Gemeinschaft".

Mit einem Glas Rotwein in der Hand begrüßt er die Truppe, die sich pünktlich um halb Sieben auf Zoom zum Kochen trifft. Die Atmosphäre ist gemütlich, was nicht nur am Weinglas des Kochs liegt, manche haben sich auch ein Bier bereitgestellt. Neun Teilnehmer haben sich eingewählt, aber hinter den Accounts stecken manchmal zwei, manchmal gar vier Köpfe. Denn mit dabei sind an diesem Abend schon die Jüngsten, die den Mamas und Papas beim Kochen zuschauen oder dazwischen quatschen. Ein Teilnehmer entpuppt sich sogar als Gemeinderatsmitglied der CSU-Fraktion. Matthias Mayr. Ein Familienmitglied hat sich extra aus Brasilien zugeschaltet, um vegetarische Gemüsepflanzerl mitzukochen. Dazu soll es die Süßkartoffel mit Avocado-Paprika-Creme und einen Kräuterdip geben. Köstlich!

Für die Pflanzerl braucht man, wie der Name verrät, Gemüsesorten, die man saisonal anpassen kann. Es lässt sich also fast alles verwenden, was der Kühlschrank daheim hergibt: Zucchini, Karotten, Pastinake, Erbsen, Paprika, Pilze, Zwiebel. Zerkleinert wird anschließend alles mit dem wichtigsten Hilfsmittel des Abends: der Küchenreibe. Nach und nach wird jedes Gemüse in eine Schüssel gerieben. Die Zucchini, die Karotte und die Pastinake - sogar die Zwiebel findet früher oder später ihren Weg durch das Küchengerät. Ob es denn einen Trick gibt, wie man letztere reiben kann, ohne in Tränen auszubrechen, fragt sich der eine oder andere. Dafür sei doch das Rotweinglas da, so der Chefkoch.

"So sieht das jetzt bei mir aus." Brandes hält seine Schüssel mit dem Gemüserieb in die Kamera. "Das kann jetzt in die vorgewärmte Pfanne". "Was ist denn mit der Paprika?", lautet eine Zwischenfrage. Keine Sorge, die komme später, erklärt der Koch. So weit so gut. Während das Gemüse in der Pfanne brutzelt, wird gewürzt, ehe es in einer Schüssel auskühlt. Damit aus dem Gemüsemischmasch runde Pflanzerl werden, fehlt das Bindemittel: Ei, Käse und Quark. Gouda - wie könnte es anders sein - gerieben, oder Frischkäse. Wer es "crunchy" mag, kann noch Haferflocken dazugeben und dann: alles kräftig verrühren.

Vorsicht, vom Ei komme nur das Gelbe dazu, sonst wird es zu flüssig. "Toll, zu spät", denkt sich der übereifrige Hobbykoch und kippt schnell noch ein paar Haferflocken mehr in die Schüssel. "Ist das richtig so?", heißt es von anderer Stelle. Keine Antwort. "Hast du Haferflocken?". "Nein". "Vielleicht noch ein bisschen Käse?". "Käse?". "Ja oder Erbsen? Die anderen können schon mal nach den Kartoffeln im Ofen schauen". Stimmt, da war ja was. Also: Vorsichtig umdrehen, damit die Kartoffel frisch gewendet weiterbacken kann. Danach geht es weiter mit dem, was später auf die Süßkartoffel kommen soll. "Die Avocado mit einem Messer halbieren und den Kern entfernen...", beginnt Brandes. "Stopp mal, haben wir die Paprika jetzt schon verwendet?", meldet sich jemand. "Nein, aber die kommt gleich". Zur zerdrückten Avocado werden erst noch Schmand und Zitrone gegeben, damit die Mischung nicht braun wird. Frühlingszwiebel, Salz, Pfeffer, Chilipulver und ein paar Blätter zerhackte Minze.

Mittlerweile meldet sich ganz beiläufig ebenfalls der Hunger, weshalb schon einmal die ersten Pflanzerl in der Pfanne platziert werden, bevor - endlich - die Paprika an der Reihe ist. Auch sie wird nun mit der Küchenreibe zerkleinert. Der Rieb wird in einer Schüssel aufgefangen, damit der Paprikasaft nicht verloren geht - und mit Knoblauch, Salz, Pfeffer und Minze verfeinert.

Langsam breitet sich in der Küche ein angenehmer Geruch aus gebratenem Gemüse und frischem Knoblauch aus, der Magen knurrt jetzt richtig. Das heißt wohl Endspurt: Nur noch schnell den Kräuterdip machen. Dazu Quark, alternativ geht auch Frischkäse, mit den Lieblingskräutern vermengen, fertig. Wer die Gemüsepflanzerl nun zwischen dem ganzen matschen und rühren nicht aus dem Blick verloren hat und sie ab und zu gewendet und auf einem Teller gestapelt hat, muss jetzt nur noch die Süßkartoffel aus dem Ofen nehmen, bevor er seine Köstlichkeiten anrichten und verspeisen kann. "Was ist eigentlich aus deinen Gemüsepflanzerln geworden?", fragt Brandes während er zeigt, wie er seine Süßkartoffel halbiert. "Ich habe jetzt Mehl dazu". "Mehl?". "Ja, ist ganz gut geworden."

Während die einen noch fleißig ihre Gemüsepflanzerl fertig braten, verbrennen sich die anderen ihre Finger bei dem Versuch die Süßkartoffel auf den eigenen Teller zu manövrieren. Verflixt, wenn man nur nicht so hungrig wäre! "So sieht das jetzt bei mir aus", Brandes hält seinen Teller mit Süßkartoffel und Avocado-Creme garniert samt Paprika-Knoblauch-Mischung in die Kamera. Wenn man nur auch schon so weit wäre.

Als wenig später alle zufrieden essend am eigenen Küchentisch sitzen, die Teller voll mit Kartoffel, Pflanzerl und Dip, freut man sich schon auf den nächsten gemeinsamen Kochabend. "Für den Anfang war das jetzt ein ganz simples Rezept, das jeder ganz einfach mit frischen Zutaten zuhause nachmachen kann. Im Sommer machen wir dann auch mal Cocktails und in der Kräuterzeit Pesto", gibt Brandes Ausblick auf die kommenden Treffen, die demnächst alle zwei Wochen am Freitag stattfinden sollen. "In Zukunft geht das dann bestimmt ein bisschen schneller als heute, aber für den ersten Abend war das schon in Ordnung." Knapp zwei Stunden wurde gekocht, aber gelohnt hat es sich und gesund war's auch.

Wer mitmachen und in netter Gesellschaft kochen und speisen möchte, kann sich über eine E-Mail bei markt-schwaben@gruene-ebe.de anmelden und erhält eine Liste mit allen Zutaten und einem Link zum nächsten online Kochtreff.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5242837
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.03.2021/koei
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.