Markt Schwaben:Wie im Himmel so auf Erden

Mit dem Oboen-Register erlangt die Eule-Orgel wunderbare Reife

Von Ulrich Pfaffenberger, Markt Schwaben

Vier Jahre sind vergangen, seit die ersten Töne der neuen Orgel in der evangelischen Philippuskirche erklungen sind. Vier Jahre, in denen das Instrument für Pfarrer Fuchs und seine Gemeinde ein Teil ihres spirituellen Zuhauses geworden ist - obwohl es in einem Detail noch unvollkommen war. Seit kurzem nun ist das letzte, das zehnte Register eingebaut, die Oboe. Unlängst war nun der Münchner Organist Armin Becker zu Gast, um es in einem Konzert willkommen zu heißen; einem Konzert von eigener Spiritualität, mit einer klanglichen Brücke zwischen Irdischem und Göttlichem.

Allein die Idee, die Premiere des neuen Registers mit einem Konzert zu feiern, das sich nicht auf sakrale Musik reduziert, weist schon den Weg aus dem Tal der Standardfeierlichkeiten. Jazz und Klezmer, Romantik und Klassik, Tanz und Tondichtung - die geistreiche Programmgestaltung Armin Beckers widmete sich dem ganzen Spektrum dessen, an was sich eine Orgel versuchen darf. Gleichzeitig versprach es den Nachweis, dass sich dieses Instrument aus der Werkstatt Eule in Bautzen auf der Erde wie im Himmel zu beweisen vermag. Wobei jedem einzelnen im voll besetzten Gotteshaus überlassen blieb, welches Stück er welcher Dimension zuordnen wollte. Die sphärische "Suite di IVème ton" des Jean Adam Guilain, einem filigranen Kunstwerk aus der französischen Orgelschule des frühen 18. Jahrhunderts vielleicht dem Himmel? Genauso wie das - vom Organisten selbst liebevoll auf die Oboe umgeschriebenen - Adagio aus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur? Django Reinhardts "Rhytme futur" wiederum, mit seinem tänzerischen Schwung und seiner vitalen Kraft dann näher an unserer Welt?

Es ist dem grandiosen Spiel und der geistreichen Programmgestaltung Armin Beckers zu danken, dass sich über kurz oder lang solche Überlegungen in vibrierender Luft auflösten. Ganz erstaunlich, welche Fülle und Farbigkeit er dem vergleichsweise kleinen Instrument zu entlocken vermochte. Vorzüglich seine Fähigkeit, als selbst registrierender Spieler die Grenzen der Tempi und der Dynamiken auszuloten. Mitreißend seine Interpretation nicht nur der Noten, sondern auch der kompositorischen Gedanken. Glanzstück dabei war die - mit dem türkischem Marsch spielende - muntere Eigenkomposition "Mozarts Take Beş" (türkisch für Fünf), die dem sakralen Raum so viel irdische Freude injizierte, dass sich das Publikum zu einem Gefühlsausbruch per Zwischenapplaus hinreißen ließ.

Das hängt alles zweifellos damit zusammen, dass er bei der Suche nach Kostbarkeiten der Orgelliteratur inzwischen über eine Schatzkammer an Stücken verfügt, mit denen er von Fall zu Fall ein Instrument schmückt. Weshalb er eben auch in der Lage ist, die Aufgabe "Oboe" im weitest möglichen Sinn zu lösen. Indem er zum Beispiel den "Otoño Porteño" von Tango-König Astor Piazolla mit ins Repertoire des Tages aufnimmt, weil das Bandoneon seine Musik genauso wie die Orgel in Markt Schwaben mit schwingenden Zungen zum Klingen bringt. Oder indem er bei Claude Ballastres "Marche de Marseillois et l'Air Ça-ira" ein ganzes Orchester aufziehen lässt, das freudvoll durch die Register wandert. Eine Freude, die unwiderstehlich aufs Publikum übergreift, darunter Alt-Landrat Fauth und Nachfolger Niedergesäß, beide überzeugte Förderer des Instruments. Als Zeichen der Freude gibt es am Ende begeisterten Applaus für Orgel und Organist.

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