Die Unwetterwarnungen auf dem Smartphone waren in diesem Sommer ja für viele ständiger Begleiter, das galt für die Macher der Weiherfestspiele genauso wie für jeden, der vielleicht einen Ausflug oder ein abendliches Grillen mit den Nachbarn plante. Nur, dass es leichter ist, ein paar Halsgrat oder den abgepackten Halloumi für den nächsten schönen Abend vorübergehend im Kühlschrank zu bunkern, als die Planung für mehrere 100 Menschen kurzfristig über den Haufen werfen zu müssen. Neben den Zuschauern, 300 bis 600 jeweils, geht es dabei auch um ein Team von 60 Leuten, bestückt vom Burschen- und Madlverein, der Zukunft Markt Schwaben, dem Bauhof und dem Faschingsverein Falkonia, das für jeden einzelnen Abend organisiert werden musste. Schließlich erfordern nicht nur die Aufführungen auf der Seebühne viele helfende Hände im Hintergrund, sondern auch das Rundherum mit Biergarten, Getränkeausschank und die Betreuung der wechselnden VIPs, die sich jeweils am Nachmittag der Vorstellung den Logenplatz in einem Strandkorb per Versteigerung sichern konnten.
„Wir haben stündlich den Regenradar gecheckt“, erzählt Michael Siegert, Chef des Theatervereins, doch er kann, drei Wochen nach Ende der Spielzeit gemeinsam mit Regisseur Ferdinand Maurer recht zufrieden Bilanz ziehen. „Gefühlt hat es ja dauernd geregnet“, tatsächlich aber haben die Aufführungen der jüngsten Produktion nur zweimal verschoben werden müssen, und es gab ausreichend Sommerabende, um den Brandner Kaspar in der See-Adaption eines Stücks von Wolfgang Maria Bauer 15 Mal aus dem Himmel herunterkommen zu lassen, damit er hier unten auf der Erde jene Dinge in Ordnung bringen sollte, die ihm beim Blick in sein großes Fernglas dort oben im Paradies Magengrimmen bereitet haben.
Schon 2018 hatte der Brandner Kaspar in Markt Schwaben mit dem berüchtigten Boandlkramer um das ewige Leben geschnapselt, als der Theaterverein das etwas angepasste Original von Franz Kobel auf die Bühne gebracht und damit den Weiherspielen neues Leben eingehaucht hatte. Ob das Fortsetzungsstück des Münchner Autors, Schauspielers und Regisseurs Wolfgang Maria Bauer, Brandner Kaspar II, ebenso gut ankommen würde bei den Zuschauern, da habe man sich nicht so recht sicher sein können, erzählt Regisseur Maurer, der gemeinsam mit Christian Jäger auch für die musikalischen Einlagen der Inszenierung verantwortlich ist. Das mit den Fortsetzungen funktioniere ja nicht immer, und gerade bei Stücken und Figuren, die wie der Brander Kaspar in Bayern zumindest jeder kenne, sei so etwas schon eine gewisse Gratwanderung.
Doch schon während in diesem Sommer die Bühne auf dem Bergfeldweiher noch bespielt wurde – am letzten Julisamstag hob sich zum letzten Mal der Vorhang –, war klar: Die Entscheidung war die richtige und die Besucher begeistert. Das Stück, gespickt mit „geistreichen Anspielungen auf Ereignisse im Heute“ und „getragen von tiefsinnigem Sprachverständnis“, wie der SZ-Kritiker nach der Premiere schrieb, kam an beim Publikum. Was schon allein daran abzulesen war, dass die Vorstellungen hinten raus immer voller geworden seien. „Die Mundpropaganda hat offenbar funktioniert“, stellt Siegert fest. Wobei es ihm eigentlich lieber wäre, dass die Gäste sich für einen Besuch am See etwas langfristiger entscheiden würden, ergänzt er, „das würde uns die Planung doch erleichtern“.
So oder so, weniger als 300 Zuschauer seien zu keiner einzigen Aufführung gekommen, und bei einer Auslastung von 74 Prozent und 7000 verkauften Sitzplätzen über die vierwöchige Spielzeit hinweg „denken wir, dass vielleicht sogar etwas hängen bleibt“. Was dem Verein zwar keine großen Sprünge ermögliche, etwa um im nun 40. Jahr des Bestehens endlich das lang schon geplante Foyer im Theater am Burgerfeld zu realisieren, was aber immerhin wohl das leichte Minus des Vorjahrs ausgleiche. Einen Sponsor und eine Spende habe es auch gegeben, jede weitere Spende, und sei sie noch so gering, könne man im Hinblick auf künftige Jahre und Zukunftspläne aber gut gebrauchen.
Dass es dem Markt Schwabener Theaterverein an Ideen nicht mangelt, wenn es darum geht, über die klassischen Spiele hinauszudenken, haben die diesjährigen Tage am See bewiesen, sowohl mit Kindervorstellungen und einer modernen Fassung des Froschkönigs, als auch mit einem gefeierten Auftritt des Kabarettisten Wolfgang Krebs. Für ein absolutes Highlight im Jubiläumsjahr waren die drei Weiherspiele-Urgesteine Josef Schmid, Elke Deuringer und Maurizio Cecchin verantwortlich. In einer musikalischen Jubiläumsgala erinnerten sie an vier Jahrzehnte Weihergeschichte – und dass ausgerechnet hierbei das Wetter zweimal hineingrätschte und eine Terminänderung erzwang, tat dem Erfolg der Veranstaltung keinen Abbruch. Als dann alles bereitet war für die Reise in die musikalische Weihervergangenheit stand auch noch plötzlich Markt Schwabens neue Bürgermeisterin Walentina Dahms (CSU) mit auf der Bühne: „Es war eine schöne Idee der Gemeinde, Josef Schmid zu diesem Anlass die Ehrenbürgerschaft zu verleihen“, erzählt Siegert. Eine Parkbank am Weiher ist jetzt dem Gründer der Spiele gewidmet und mit seinem Namen versehen.
Selbst die angekündigte Mückenplage ist ausgeblieben
Nach den guten Erfahrungen – selbst die angekündigte Mückenplage, vor der man am See besonders Angst haben musste, ist ausgeblieben –, wird es wohl auch im kommenden Jahr wieder eine Weiherbühne geben. Ob sich darauf erneut traditionelles Personal tummeln wird, oder die Darsteller in ganz neue Rollen schlüpfen werden, ist aber noch offen. „Ich hab’ schon so ein paar Ideen im Köcher“, erklärt Regisseur Maurer. Entschieden und geplant werde aber erst im Herbst. Zuvor steht noch eine weitere Jubiläumsveranstaltung auf dem Programm. Am 9. November wird eine Talkrunde aus Vereinsmitgliedern anhand von Fotos, Erzählungen und Videomitschnitten vier Jahrzehnte Theatergeschichte in Markt Schwaben Revue passieren lassen.