Süddeutsche Zeitung

Markt Schwaben:In großen Fußstapfen

Das Markt Schwabener Kinder- und Jugendtheater spielt auf dem See eine Krimikomödie - und eifert damit auch inhaltlich den "Weiherspielen" nach

Von Anna Weininger, Markt Schwaben

Das kleine bayerische Dorf der unbegrenzten Möglichkeiten, genannt "Little Vegas", wird aufgewühlt durch geheimnisvolle Verbrechen. Entführung - Mordverdacht - Glücksspieldrama: Markt Schwaben verwandelt sich bei den diesjährigen "Weiherspielen" in einen skurrilen Schauplatz eines humorvollen Geschehens in krimihafter Manier. Und auch das örtliche Kinder- und Jugendtheater bedient heuer mit seinem Musical "Die vier Freunde und das Glücksspiel" das Genre der Krimikomödie - und steigt damit in die Fußstapfen des großen Bruders. Wie bei den Weiherspielen gibt es auch in der Version für die ganze Familie einen Gierschlund, der inmitten der bayerischen Idylle ein Spielerparadies nach amerikanischem Vorbild erschaffen hat - aus reiner Selbstliebe versteht sich. Förmlich hofiert werden die Touristen von Jeremias Bierbichler (Michael Knöferle), wenn sie das Casino betreten. Auch sein Sohn Thomas (Jonas Frank) muss sich für das Spektakel zum Affen machen und die Besucher samt Selfiesticks in einer Begrüßungsshow bespaßen. Doch irgendwann hat er die Schnauze voll von der Gier seines Vaters und vertreibt sich seine Zeit lieber mit seinen drei Freunden Alice (Maxima Semmerow), Uschi (Anouk Broehl) und Thomas (Hannes Hoffmann), dem Sohn des Kronenwirts. Das lässige Abhängen der vier Freunde ist jedoch nur von kurzer Dauer: Im Dorf geschehen seltsame Dinge: Spielgeld-Kassetten verschwinden und auf das Casino werden Anschläge werden verübt. Die Jugendlichen rutschen in einen Krimi, der ihnen einiges an Spürsinn abverlangt. Wer könnte dem Bierbichler übel mitspielen wollen? Der Kronenwirt, der ihm seinen Erfolg missgönnt und argwöhnisch auf die Amerikanisierung seines Dorfes blickt? Oder vielleicht doch der spielsüchtige Herr Weber, der sein ganzes Geld in "Little Vegas" verloren hat? Regisseurin Marga Kappl hat das Drehbuch und die Songtexte selbst geschrieben. In ihrem ersten Krimi wollte sie vor allem auch sozialkritische Aspekte wie das Thema Spielsucht unterbringen, sagt sie. Dass daraus zugleich eine schwankhafte Erzählung wurde, ist neben den gewitzten Dialogen dem schrägen Bühnenbild zu verdanken. Die Kulisse ist imposant, Detailliebe spürt man in allen Winkeln - von den blinkenden Lichtern auf den Spielautomaten bis hin zur romantisch bemalten Wedding Chapel. Da haben die Markt Schwabener mal wieder aus dem Vollen geschöpft. "Wir schlüpfen hier immer in die Kulissen der Großen", betont Kappl. Und das ist tatsächlich eine große Aufgabe, denn die Spielfläche von "Little Vegas" erstreckt sich über drei Bühnen: vom Casino über eine Showbühne bis zum bayerischen Wirtshaus. Auf diese besondere Herausforderung hatte Marga Kappl ihre Truppe auch extra vorbereitet:"Wir üben, wie man auf so einer großen Bühne spielt". Dementsprechend textsicher und präzise artikuliert bringen die jungen Schauspieler ihre Dialoge rüber. Und trotzdem: Aufgrund der riesigen Bühne und auch der großen Distanz zum Publikum ging die gute Leistung der Kinder- und Jugendtheatergruppe bei der Premiere leider etwas unter. So fehlte es am Ende an nervenkitzelnder Spannung, was auch die gut inszenierten Anschläge und die spitzfindige Entlarvung des Täters durch die Jugendlichen nicht so recht wettmachen konnten. Für Jonas Frank und Hannes Hoffmann ist das nicht das erste Mal auf der Weiherbühne. Die beiden Jungs hatten bereits vergangenes Jahr die Hauptrollen in "Max und Moritz" inne. "Es ist für mich eine Ehre, hier mitzuspielen", schwärmt Jonas, der ganz in seiner Rolle als Sohn des Casino-Besitzers aufgeht. Ob als Showmaster oder Detektiv, er hängt sich so richtig ambitioniert rein. So schafft er es, auf der Bühne zwei komplett gegensätzliche Kulturen zu vereinen, ganz nach dem Motto "Vegas is a Schau!". Das Krimi-Musical für die ganze Familie auf der Bühne der Weiherspiele in Markt Schwaben ist erneut zu sehen am Samstag, 25. Juli, um 15 Uhr

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Quelle:
SZ vom 16.07.2015
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