Nachruf Hilde Haushofer„Die treibende Kraft im Hintergrund“

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Hilde Haushofer war in ihrer Heimatgemeinde Markt Schwaben vielfältig engagiert, nun ist sie mit 63Jahren gestorben.
Hilde Haushofer war in ihrer Heimatgemeinde Markt Schwaben vielfältig engagiert, nun ist sie mit 63Jahren gestorben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hilde Haushofer, Initiatorin der Markt Schwabener Aktivkreise, verstarb am 6. März nach kurzer, schwerer Krankheit mit erst 63 Jahren. Was in Erinnerung bleiben wird: Ihre Kreativität, ihr Wortwitz und ihr kontinuierlicher Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Nachruf von Michaela Pelz, Markt Schwaben

Nein, in den Vordergrund spielte sie sich gar nicht gern, diese Hilde Haushofer. Die Sache sei wichtig, nicht ihre Person, meinte sie einmal bei einem Interview, als man nach einem Fototermin fragte. Dennoch war die 63-Jährige in Markt Schwaben und darüberhinaus aufgrund ihrer zahlreichen künstlerischen, aber auch gesellschaftspolitischen Aktivitäten außerordentlich bekannt.

Als eine von drei Initiatorinnen verfasst sie etwa im Frühjahr 2024 einen offenen Brief an den damaligen Bürgermeister, um ihn zu bitten, seine Rücktrittsentscheidung noch einmal zu überdenken – mit überwältigender öffentlicher Resonanz.

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In einem offenen Brief wird Markt Schwabens Bürgermeister Michael Stolze gebeten, sein Amt nicht niederzulegen. Auch eine Bürgerinitiative für mehr Miteinander am Ort wurde gegründet.

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Zwar lässt sich Michael Stolze dadurch nicht umstimmen, den Aktivkreisen, jenem Zusammenschluss von Ehrenamtlichen, jedoch fühlt er sich auch nach seinem Abschied so verbunden, dass er im November 2024 von Haushofer den Vorsitz des Fördervereins übernimmt. Seit 2011 gibt es diese gemeinnützige „Initiative zur handfesten Bürgerbeteiligung“, die Kommunikationsberaterin Haushofer zusammen mit Bürgermeister Georg Hohmann entwickelt hat. Bei dessen Wahlparty lernt sie auch SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher kennen.

Die Politikerin ist hörbar bewegt, als man sie telefonisch erreicht. „Aus einer anfänglich guten Bekanntschaft hat sich schnell eine tiefe Freundschaft entwickelt. Für mich war Hilde einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.“

Durch den Bürgermeisterwahlkampf in Ebersberg wie auch durch sämtliche Landtagswahlkämpfe habe sie Haushofer begleitet. Und wenn man es recht bedenke, habe diese „alle, die sie als Wahlkampfberaterin unterstützt hat, zum Erfolg geführt: Georg Hohmann, mich, Michael Stolze und Ulrich Proske.“

Mehr noch als die Politik bestimmen die Aktivkreise Haushofers Leben. Gut möglich, dass ihr Einsatz für andere und ihr Einfallsreichtum mit der Tatsache zusammenhängt, dass sie als Kind, bevor München zum Lebensmittelpunkt wird, mit einem Vater bei der Marine sehr oft umziehen und sich immer wieder neu zurechtfinden muss.

So wirkt sie im Lauf der Zeit unter anderem maßgeblich mit bei der Entstehung des Begegnungsortes Cafe Familia und auch das Konzept der Vier-Jahreszeiten-Märkte geht auf sie zurück. Rund 20 Jahre lebt Haushofer in Markt Schwaben. Und selbst als sie mit Ehemann Hans 2016, den sie 2001 an ihrem Geburtsort Sylt heiratet, nach Ebersberg zieht, bleibt die Verbindung eng. Nach einer Bündelung sämtlicher Aktivitäten werden 2023 aus ursprünglich zehn Aktivkreisen drei. Haushofer selbst übernimmt die Sparte „Markt & Menschen“, Anja Birnkraut den Bereich „Kunst & Kultur“ und Natalie Cusimano wird zuständig für „Natur & Nachhaltigkeit“.

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Seit 2011 engagierten sich bereits gut 400 Personen in den Markt Schwabener Aktivkreisen. Durch eine Neuordnung werden nun alle sozialen, ökologischen und kulturellen Projekte gebündelt. Weil der Förderverein gleichzeitig zwölf Jahre alt wird, gibt es eine Doppelfeier am 11. November.

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„Hilde war eine Mentorin für mich und eine herzensgute Freundin, die mich auch menschlich auf vielen Ebenen sehr weitergebracht hat“, sagt Cusimano. Eine Feministin sei Haushofer gewesen,  „Demokratin aus tiefstem Herzen und jemand, der immer gegen Ungerechtigkeiten gekämpft hat“.

Das zeigt sich auch, als Haushofer durch einen Ausflug im November 2020 ihre Erfahrungen als 11-Jährige in einem Kinderkurheim am Königsee wieder in den Sinn kommen. Sie recherchiert, findet dabei die Initiative „Verschickungskinder“ und stellt dann Kontakt zur Vorsitzenden des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag Doris Rauscher her. Dadurch entsteht am Ende die „Beratungsstelle für Menschen mit Heimerfahrung in Kindheit und Jugend“ (BMH).

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Hilde Haushofer aus Ebersberg ist eines von vielen sogenannten "Verschickungskindern": 1972 verbrachte sie als elfjähriges Mädchen sechs Wochen am Königsee - ein idyllisches Naturparadies, in dem sie Schlimmes erlebte.

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Beim Gespräch für einen Bericht über diese Ereignisse, erzählt Haushofer in einem Nebensatz, dass diese negativen Erfahrungen ihren Gerechtigkeitssinn enorm geschärft hätten. „Mit zwölf wurde ich die jüngste Schulsprecherin Bayerns, später gründete ich eine Schülerzeitung.“

Das Schreiben lässt die studierte Grafikdesignerin ihr Leben lang nicht. Von 1994 bis 1997 bringt sie 21 Ausgaben des Magazins „Der Erdinger“ heraus. Und auch ihre Kunstwerke – sie malt, schafft Skulpturen und Installationen, die auch in den Kunstvereinen Wasserburg und Ebersberg ausgestellt werden – versieht sie stets mit pointierten textlichen Ergänzungen.

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So auch den großen Raum, den sie im Rahmen von Art Break im September 2024 gestaltete. „Sie war die treibende Kraft im Hintergrund“, beschreibt Birnkraut, was Haushofer besonders ausmachte. Ein unglaubliches Wissen über globale Zusammenhänge, „egal, ob Politik, Weltgeschehen oder Lokales“, habe diese gehabt und immer genau gewusst, wie man weiter vorgehen solle.

Am 6. März ist die wortgewaltige, humorvolle und heitere Frau, die, so Cusimano „das Leben vieler Menschen beeinflusst und bis zum Schluss inspiriert hat, sowie allen Kraft gab, trotz ihres Zustandes“, nach kurzer, schwerer Krankheit mit erst 63 Jahren verstorben. Sie hinterlässt eine große Lücke.

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