Auf den Tischen des katholischen Pfarrheim stapeln sich an diesem Mittwochabend grüne Zettel. Vielleicht sollen die Teilnehmer des Dialogabends „Mit Geflüchteten leben in Markt Schwaben“ in eine hoffnungsvolle Stimmung gebracht werden, bevor sie zum Stift greifen. Die Zettel dienen dazu, Fragen für die Expertinnen und Experten auf dem Podium zu notieren.
Markt Schwaben bekommt zwei neue Unterkünfte für Geflüchtete, eine erste am Ziegelstadel mit Platz für bis zu 66, eine zweite am Hanslmüllerweg mit Platz für bis zu 90 Personen. Die letzten acht Monate rumorte es deshalb im Markt, Bürgermeister Michael Stolze trat zurück, ein Bürgerbegehren gegen die erste Unterkunft wurde eingereicht, ein Kompromiss mit der zweiten Unterkunft gefunden.
Grund genug für die Katholische Arbeitnehmerbewegung Markt Schwaben in Kooperation mit der katholischen Pfarrei St. Margaret, der evangelischen Philippusgemeinde und dem Kreisbildungswerk Ebersberg, welches finanzielle Unterstützung von der katholischen Erwachsenenbildung und der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Ebersberg erhält, diesen Abend zu veranstalten und offene Fragen zu klären.
Die Unterkunft am Ziegelstadel wird im vierten Quartal dieses Jahres bezogen
Auf dem Podium befindet sich dafür ein „Fächer an Kompetenz“, wie Moderatorin Anja Huber von „Konflikte Lösen im Landkreis Ebersberg“ sagt. Marion Wolinski, von der Abteilung Soziales im Landratsamt Ebersberg, gibt zu Beginn einen Überblick: Derzeit leben etwa 1500 Geflüchtete im Landkreis, vorwiegend aus der Ukraine, Afghanistan, Nigeria und der Türkei. In Markt Schwaben gibt es zwölf Unterkünfte an fünf Standorten, die bisher 68 Geflüchtete beherbergen. Im vierten Quartal 2024 soll die neue Unterkunft im Ziegelstadel bezogen werden.
Der erste Fragenblock bezieht sich auf die neuen Unterkünfte: Was mit dem zweiten Atron-Gebäude geplant sei, warum man keine kleineren Wohneinheiten verwende und weshalb man einen Neubau anstrebe. Wolinski kann die erste Frage schnell abhandeln – „derzeit ist nichts geplant, wir konzentrieren uns auf das erste Gebäude“ – und sagt mit Blick auf kleinere Wohneinheiten, dass diese zwar gut wären, aber logistisch nicht machbar. „Wir kriegen alle 14 Tage einen Bus mit 50 Menschen“, so Wolinski. Das könne man nur mit großen Unterkünften bewältigen.
Markus Steffelbauer (FW), Zweiter Bürgermeister Markt Schwabens, nimmt sich der Frage nach dem Neubau an. Man habe schlicht keine adäquaten Bestandsbauten zur Verfügung gehabt, um diese für den Kompromiss zu verwenden, wäre nun aber mit dem Neubau als Gemeinde selbst handlungsfähig.
Angela Freise, die im Markt zuständig ist für Bürger- und Sozialangelegenheiten, erteilt im Anschluss der Frage nach einer neuen Integrationsbeauftragten-Stelle eine Absage: „Wir sind in Stabilisierungshilfe“, so Freise. „Da geht gar nichts.“ Wolinski betont allerdings, dass man vom Landratsamt Beratungsangebote schaffen wolle und Steffelbauer verweist auf den Flüchtlingshelferverein „Seite an Seite“, der in Markt Schwaben schon lange wertvolle Unterstützung leiste.
Es kommen „überwiegend Menschen mit guter Bleibeperspektive“, sagt Martina Erfmann
Mit auf dem Podium befinden sich Martina Erfmann und ihr Kollege Jonas Hacker von der Flüchtlings- und Integrationsberatungsstelle am Caritaszentrum Ebersberg, die auch im Markt Unterstützung leisten werden. Sie helfen etwa beim Beantworten behördlicher Briefe, bei der Arbeitssuche sowie bei psychischen Belastungen. Erfmann betont, dass „überwiegend Menschen mit guter Bleibeperspektive“ kämen. Nur ein geringer Teil würde abgeschoben werden.
Weitere Fragen drehen sich um die Arbeitsmöglichkeiten, den Spracherwerb sowie das Vorgehen bei Konflikten. Hacker erklärt, dass die meisten Asylsuchenden schnell eine Arbeitserlaubnis bekämen, allerdings bis zur Klärung ihres Status nicht vom Jobcenter vermittelt werden können. Sie würden also eigene Netzwerke aktivieren und oft Arbeit – etwa im Logistikbereich oder in der Gastronomie – finden, die sie dann aber auch häufig wieder wechseln.
Was den Spracherwerb anbelangt, verweist Wolinski auf die Tatsache, dass viele der Geflüchteten Integrationskurse in München absolvieren, weil sie dort registriert wurden. Allerdings bemühe man sich um ehrenamtliche Kurse auch in Markt Schwaben, was allerdings von der Zahl der Ehrenamtlichen sowie der Räumlichkeiten abhänge. Caterina Maurizi und Irina Schivnevska vom Verein Ausländerhilfe Ebersberg berichten außerdem von guten Erfahrungen mit dem Sprachcafé, bei dem Menschen niederschwellig ins Gespräch kommen können.
Was Konflikte zwischen Anwohnern und Geflüchteten sowie diesen untereinander anbelangt, wissen die Podiumsgäste zu beruhigen. Von anderen großen Unterkünften im Landkreis wisse man, dass die Polizei dort „nicht Dauergast“ sei, so Marion Wolinski. Das Auftreten von Konflikten, sei aber normal, so auch mit den Nachbarn. In solchen Fällen plädieren Erfmann und Maurizi dafür, aufeinander zuzugehen. So könnten die meisten Probleme schnell gelöst werden.
Das erzählt auch Toni Beer vom Helferkreis in Forstinning, zu Gast im Publikum. Dem Kreis, der in Markt Schwaben geplant ist, empfiehlt er die enge Absprache mit dem Landratsamt und der Marktgemeinde. „Sie sind nicht alleine“, sagt er ins Publikum. Wenn Markt Schwaben die Einrichtungen nutze, die es gibt, dann würde er es auch schaffen. Wenn das keine grüne Botschaft ist.