Das Bürgerbegehren der Initiative "Burgerfeld wird Bürgerfeld" ist am Donnerstag im Gemeinderat von Markt Schwaben für unzulässig erklärt worden. Einen Bürgerentscheid zu der geplanten Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen Gelände der Atron GmbH nahe der Wohnsiedlung am Burgerfeld wird es daher nicht geben, das wurde vom Gemeinderat per Abstimmung mit 19 zu sechs Stimmen beschlossen. Neben den Sitzungsteilnehmern waren an diesem Abend auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger zu Gast, die sich im Sitzungssaal auf die Zuschauerplätze quetschten. Bereits vor der Entscheidung erklärte Bürgermeister Michael Stolze: Der zu verabschiedende Beschluss bedeute kein Scheitern des Bürgerbegehrens. Die Menge an gesammelten Unterschriften und das "Gewicht, die Motivation und die Ausdruckskraft des Bürgerbegehrens" seien nicht vom Tisch zu wischen.
Grundlage für die Abweisung der Initiative durch den Gemeinderat war eine rechtliche Prüfung. Dafür sei die Anwaltskanzlei Döring Spieß beauftragt worden, ebenso habe die Rechtsaufsichtsbehörde am Landratsamt Ebersberg eine Stellungnahme abgegeben, wie es in der Gemeinderatssitzung hieß. Zwar sei das Begehren "formell ordnungsgemäß durchgeführt" worden: Es wurden 1795 gültige Unterschriften gesammelt, erforderlich gewesen wären 879. Gleichwohl sei das Ziel des Bürgerbegehrens rechtlich unzulässig. Dies gehe bereits aus dessen Fragestellung und den dazugehörigen Erläuterungen der Initiative "Burgerfeld wird Bürgerfeld" hervor.
Das alleinige Verhindern einer Flüchtlingsunterkunft ist nicht zulässig
Demnach sei das wesentliche Ziel des Bürgerbegehrens gewesen, mithilfe des Bauplanungsrechts eine Nutzung des ehemaligen Atron-Gebäudes für die Unterbringung von Geflüchteten auszuschließen. So verwies Michael Kümpfbeck, Mitinitiator und Vorsitzender der Initiative, in der Vergangenheit darauf, etwa mit einer Veränderungssperre für das Gelände Am Ziegelstadel eine andere Verwendung erwirken zu wollen, anstatt dieses als Flüchtlingsunterkunft bereitzustellen. Diese Motivation hält der rechtlichen Prüfung allerdings nicht stand. Das gezielte Verhindern einer Unterbringung von Geflüchteten sei "kein zulässiges Planungsziel", heißt es in der Erläuterung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Eine andere Motivation oder Alternativnutzung sei nicht erkennbar, ein Bürgerbegehren müsse allerdings ein solches Planungsziel vorweisen.
Der von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern gewünschte Bürgerentscheid ist damit erstmal vom Tisch. Neben der vom Gemeinderat anerkannten Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens äußerte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) allerdings ohnehin in der Vergangenheit Zweifel an der Veränderungssperre, die von der Bürgerinitiative ins Gespräch gebracht worden war. Die geplante Unterkunft sei von der "Planungshoheit der Gemeinde ausgenommen", erklärte der Landrat, da der Mietvertrag von der Regierung Oberbayern unterzeichnet worden sei.
Der Gemeinderat sucht nun weiter nach Alternativstandorten
Florian Delonge, Ortsvorsitzender der FDP, äußerte in Reaktion auf die rechtlichen Gegebenheiten leichte Zweifel an der Prüfung. Er glaube nicht, "dass die juristischen Ausführungen unangreifbar sind", erklärte er in der Sitzung. Nun müsse der bereits bestehende Beschluss des Gemeinderats umgesetzt werden. Im Januar lehnte der Rat den Standort der Flüchtlingsunterkunft Am Ziegelstadel mehrheitlich ab. Ein damals beschlossener Antrag von CSU, FDP und Freien Wählern forderte den Gemeinderat dazu auf, Alternativen für das Gelände im Gemeindegebiet zu suchen. Sascha Hertel (Zukunft Markt Schwaben) erklärte dazu in der aktuellen Sitzung, man müsse sich nun diesem Beschluss beugen und Ersatzstandorte finden. Ein weiteres Ratsbegehren, wie kurzzeitig von FDP-Gemeinderat Delonge angeregt, brauche es nicht.
Die Bürgerinitiative zeigte sich im Anschluss an den Beschluss des Gemeinderats unbeeindruckt. Es würden nun die nächsten Schritte geplant, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens werde per Eilverfahren am Verwaltungsgericht richterlich überprüft. "Außerdem behalten wir uns vor, auch vom Schritt der Klage gegen den Beschluss Gebrauch zu machen", so Michael Kümpfbeck in einer entsprechenden Mitteilung. Man wolle alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen.
Flüchtlingsorganisation Seite an Seite lehnt Bürgerbegehren ab
Für die Flüchtlingshelfer der Organisation Seite an Seite dürfte der Beschluss des Gemeinderats zumindest einen kleinen Erfolg darstellen. Bereits vor der Sitzung sprach sich der Verein für eine Ablehnung des Bürgerbegehrens aus. Zudem werden in einer entsprechenden Mitteilung Zweifel an der Aussagekraft der Initiative laut, lediglich 17,8 Prozent der stimmberechtigten Einwohner Markt Schwabens hätten dem Begehren ihre Unterschrift gegeben. "Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Großteil der Einwohner sich nicht der Auffassung angeschlossen hat, dass der Standort Ziegelstadel als Flüchtlingsunterkunft ungeeignet ist."
Seit im Dezember vergangenen Jahres öffentlich wurde, dass Markt Schwaben eine neue Flüchtlingsunterkunft am Ziegelstadel erhalten soll, stellen sich zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gemeinderäte gegen das Vorhaben. Bis zu 120 Menschen sollen in dem alten Gebäude der Atron GmbH Zuflucht finden, die ersten Geflüchteten sollen im zweiten Quartal 2024 ankommen. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) machte nach Kritik an der Auswahl des Standorts und seiner Kommunikation in der Vergangenheit klar, dass er "politisch nicht zu dem Standort" stehe. Allerdings gebe es "keine rechtliche Möglichkeit, den Vertrag zeitnah aufzulösen beziehungsweise rückgängig zu machen".