Es ist ganz schön frisch, dort in der Galerie Färbergasse in Markt Schwaben, im ersten Stock, über der Trödlerei. Das macht aber gar nichts, denn erstens sitzt es sich im kuscheligen, grünen Polstersofa gegenüber den offenen Ateliers unter den mächtigen Dachbalken ausgesprochen behaglich, und zweitens wird einem bei der ansteckenden Freude der Künstlerinnen und Künstler über das bevorstehende Event ganz warm ums Herz.
Spricht man mit Anja Birnkraut, Katharina Lütke, Georg Münch, Stefan Pillokat und Rebecca Winhart, spürt man, wie glücklich sie alle sind, nach so langer Zeit endlich wieder in den aktiven Austausch mit ihrem Publikum gehen zu dürfen. Im Rahmen von "Einfach Kunst" kann man am kommenden Wochenende, 29./30. April, zwei Tage lang Werke dieser fünf sowie von Mareen Förster und Natalja Herdt bestaunen. Letztere wird mit einer Installation aus rund 150 Hoffnungsfaltern aus Japanpapier vertreten sein.
Außerdem wird es Gelegenheit geben, mit einigen der Macherinnen und Macher in den Ateliers zu sprechen und sie bei der Arbeit zu beobachten, sowie sich selbst in verschiedenen Techniken auszuprobieren. Zudem wird Nico Zanner am Freitagabend für etwa anderthalb Stunden mit seiner Handpan für "schöne, entspannte Stimmungsmusik" sorgen. Dank einer Förderung durch den Markt Schwabener Arbeitskreis Kunst und Kultur kostet weder dieses Konzert noch der Besuch der Ausstellung Eintritt.
Georg Münch wird man dabei leider nicht persönlich antreffen können - als Trainer und Spieler des TSV Ebersberg ist er an diesem Termin fußballerisch eingebunden. Deswegen hat sich der Grafinger extra Zeit genommen, um beim Pressegespräch zu erklären, was ihn antreibt, die Impulse, die im Körper entstehen, auf die Leinwand zu bringen.
"Meine Arbeit spiegelt die Vielseitigkeit meines Charakters und meines Lebens wider", erläutert der 31-Jährige. So wie er in vielen, ganz unterschiedlichen Bereichen tätig sei, wolle er Altes mit Neuem verbinden, mal mit Acryl malen, mal wie schon als Teenager sprayen oder via Upcycling Objekte herstellen. "Das macht meinen Kopf frei", sagt er, der in Sachen Kunst "im Vergleich zu den Damen quasi erst geboren" sei und seit November 2020 zu der Ateliergemeinschaft in Markt Schwaben gehört.
Noch etwas später dazugestoßen ist Katharina Lütke. Im Juli 2021 war das, nachdem die 38-Jährige sich ganz für ein Leben als Künstlerin entschlossen hatte. Ein großer Schritt, denn: "Das war nie mein Plan, die Malerei hat sich in mein Leben geschlichen." Fünf Jahre lang lief die Kunst parallel zum Beruf als Sozialpädagogin, nun gibt es die Egmatingerin nur noch als Malerin.
Jugend und Ukraine-Krieg:"Frau Scharfenberg, kommt der Krieg jetzt auch zu uns?"
Was bewegt Schulkinder? Kann ihre Teilnahme am bevorstehenden Grafinger Friedensmarsch ein Zeichen der Selbstermächtigung sein? Ein Gespräch mit einer der beiden Organisatorinnen.
Allerdings könnte die zweifache Mutter sich gut vorstellen, irgendwann Kurse für Jugendliche zu geben. Mag sein, dass es diesen dann ginge wie ihr: "Ich lerne mich selbst besser kennen. Und trage mein Innerstes nach außen." Besonders gut erkennbar ist dies in den von hellen Farben dominierten Werken aus dem vergangenen Jahr. "Als die endgültige Entscheidung feststand, ging es mir gut."
Live Painting führt zu spannenden Gesprächen
Am Samstag kann man Katharina Lütke und Mareen Förster von 12 bis 16 Uhr dabei zusehen, wie sie ihre Werke entstehen lassen. Lütke, die rein intuitiv malt, rechnet fest damit, auf jeden Fall aufgeregt zu sein: "Es ist das erste Mal, dass ich vor Publikum male, und ich stelle mir das sehr spannend vor. Allerdings werde ich nach Gefühl arbeiten, nicht nach Zeitplan."
Galerieleiterin Rebecca Winhart kennt durch ihre Streetart-Aktionen die Herausforderungen beim Live Painting genau. Die Forstinningerin schätzt diese besondere Erfahrung aber deswegen, weil man so mit den Menschen schnell ins Gespräch komme und den einen oder anderen sogar inspirieren oder motivieren könne. Die Frage, ob auch sie ein "Extra" für das Publikum vorbereitet habe, beantwortet die junge Frau mit ansteckendem Lächeln und einem sympathischen: "Ich mache keine Aktion, ich bin einfach nur da!"
Dabei sei sie aber offen für Austausch und Fragen, etwa rund um ihre neue Portraitserie "Verschiedene Kulturen". Den mit Wasser vermalten Kohlezeichnungen liegen Fotos zugrunde, die von früheren Reisen und Begegnungen stammen, weil Winhart seit Beginn der Pandemie nicht mehr in der Welt unterwegs war.
Auch sehr beeindruckend: ihr sehr persönliches Bild zum Weltfrauentag. Damit will die junge Malerin auf den "Prozess und das superkomplexe Thema Diskriminierung" aufmerksam machen. Manche Stellen dieses Porträts habe sie bewusst freigelassen, "damit man ins Innere blicken, die Gefühle und Verletzungen sehen kann".
Jeder kann mitmalen beim Workshop von Stefan Pillokat
Doch bei "Einfach Kunst" soll man nicht nur zuschauen. Stefan Pillokat lädt am Samstag von 11 bis 12 Uhr - unter dem Motto "Mach mit beim Schnellen Bild!" - jeden dazu ein, künstlerisch tätig zu werden. In kurzer Zeit soll dabei auf einfachste Art ein gemeinsames Kunstwerk entstehen. Zehn Plätze gibt es im Workshop des Malers und Holzkünstlers, der als Clown Pippo nicht nur kleinen Besucherinnen und Besuchern wohlbekannt sein dürfte. Mitmachen dürfen alle ab sieben Jahren, es ist keine Anmeldung erforderlich.
Von 14 bis 16 Uhr bietet Anja Birnkraut allen Interessierten zudem Gelegenheit, eine Karte oder ein Bild per Cyanotypie-Technik herzustellen. Der Name gehört zu einem Verfahren, das früher etwa für Baupläne "wie ein Kopierer genutzt" wurde. Man benötigt dafür mit einer chemischen Lösung behandeltes Solarpapier, auf das gepresste Pflanzen, Knöpfe, der Boden eines Glases, Schriften oder anderes aufgebracht werden, bevor man es einige Minuten unter UV-Licht legt. Weil dieses mit der Chemie reagiert - die dann im Wasserbad ausgewaschen wird - bleiben alle Stellen, auf denen etwas lag, weiß. "Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach und beeindruckend," sagt Birnkraut. Beweis dafür ist auch das zwei mal 1,20 Meter große Werk, das mit Hilfe ihrer beiden Kinder auf einem Bettlaken entstanden ist. "Im Garten. Statt der UV-Lampe haben wir die Sonne genutzt."
Dieser Workshop findet nicht in einer festen Gruppe statt, Vorkenntnisse werden keine benötigt und innerhalb von zehn Minuten ist das Endprodukt fertig. Kennengelernt hat die Künstlerin und Heilerzieherin die Technik während ihrer Zusatzausbildung zur Kulturpädagogin mit Schwerpunkt Fotografie. Allerdings warnt sie scherzhaft, das Ganze sei nicht nur kreativitätsfördernd, sondern besitze auch "Suchtpotenzial".
Die Galerie kann man auch mieten
Wem am Ende das Ambiente mit seiner großen Offenheit an Fläche und Mindset so gut gefällt, dass er oder sie dort gern nochmals verweilen wollte - kein Problem. Der große, heimelige Raum mit dem knarrenden Holzboden wird für Konzerte, Lesungen, Weinproben, eigene Ausstellungen - sogar wändeweise -, aber auch private Veranstaltungen vermietet. Wenn die Monate erst wieder etwas wärmer sind, oder 50 bis 100 Gäste in der Galerie das Tanzbein schwingen, ist die Raumtemperatur garantiert kein Thema mehr. Und bis dahin tut es eine warme Jacke.
"Einfach Kunst!" in der Galerie Färbergasse 23, erster Stock, Markt Schwaben. Freitag, 29. April, 15 bis 22 Uhr, Konzert ab 19 Uhr; Samstag, 30. April, 10 bis 18 Uhr. Alle Infos unter https://www.altes-getreidelager.de/ateliers-galerie/ .