Evangelische Gemeinde Markt Schwaben:Der gute Hirte geht in Ruhestand

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In 23 Jahren hat Karl-Heinz Fuchs in Markt Schwaben viel erlebt und viel angestoßen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach 23 Jahren in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Markt Schwaben verabschiedet sich Pfarrer Karl-Heinz Fuchs – nicht nur aus seinem Amt, auch aus der Gemeinde: Es sei nicht gut, wenn „der alte Pfarrer dem Nachfolger immer irgendwo im Weg ist“.

Von Michaela Pelz, Markt Schwaben

„Ich kann nicht glauben, dass ich in wenigen Wochen nicht mehr hier sein werde“, sagt Karl-Heinz Fuchs mit erkennbarer Wehmut in der Stimme. Nach 23 Jahren, die der Seelsorger in der evangelischen Kirchengemeinde Markt Schwaben verbracht hat, geht er nun in den Vorruhestand.

Außerdem zieht er weg – es sei nicht gut, wenn „der alte Pfarrer dem Nachfolger immer irgendwo im Weg ist“. Doch nicht nur ist der neue Wohnort Erding nah genug, um auf Wunsch Kontakt halten zu können, sondern Fuchs der Nachbarlandkreis schon lange vertraut. Denn die dortigen Orte Eicherloh, Finsing und Ottenhofen sind neben Markt Schwaben, Anzing und Forstinning auch Teil der Gemeinde.

2001, als der gebürtige Mittelfranke seine Stelle antrat, gehörte sogar Poing dazu. Rund sieben Jahre später sei es dann aufgrund des ständigen Wachstums beider Orte zu einer „friedlichen Trennung“ gekommen. Bis heute allerdings habe man eine gemeinsame Musikgruppe.

Das blaue Glaskreuz bedeutet dem Pfarrer viel - ebenso der Familienbaum im Hintergrund. Er ist aus Ebenholz und erinnert so an die Partnerschaft mit einer Gemeinde aus Tansania. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Der Pfarrer hat viele Erinnerungsstücke gesammelt - Fotos, aber auch solche Zeugnisse der Vergangenheit. (Foto: Karl-Heinz Fuchs/oh)

Versöhnlichkeit und gegenseitiges Verständnis ist dem 63-Jährigen sehr wichtig, das wird klar, nachdem man sich in die Kirche begeben hat. Denn für einige der Großprojekte während seiner Amtszeit, wie etwa die Renovierung der Kirche 2005 und den Neubau des Gemeindehauses rund zehn Jahre später, waren sicher Fingerspitzengefühl und die Fähigkeiten eines geschickten Mittlers vonnöten.

Im Altarraum selbst fällt sofort das blaue Glaskreuz ins Auge, so wunderschön wie ungewöhnlich. „Es hat gedauert bis zur Entscheidung“, so der Kommentar des Geistlichen. Zu einer „Doppelkreuz-Symbolik“ im Altar eingearbeitet ist ein Christus aus Ebenholz. Dieser Blickfänger soll, wie auch die anderen Akzente aus dunklem Holz - Familienbaum und Kerzenständer – an die seit 1984 bestehende Partnerschaft mit Palangavanu (Tansania) erinnern. Bei seinem Besuch dort, 2013, haben sie ihm den Ehrennamen „Lunodzo“ gegeben.

2013 reist Karl-Heinz Fuchs in die afrikanische Partnergemeinde Palangavanu (Tansania), wo man ihm den Ehrennamen "Lunodzo" gab (Foto: Karl-Heinz Fuchs/oh)

Wahrlich ein weiter Weg vom kleinen Dühren am Hesselberg (Landkreis Dinkelsbühl), wo Fuchs aufgewachsen ist. Auf das Studium in Erlangen, Tübingen und München folgt die erste Pfarrstelle in Wernsbach bei Ansbach.

Weil er dort auch als Dekanatsjugendpfarrer tätig ist, kommt es nach einer ersten Israel-Reise 1993 im Folgejahr zu einer Jugendbegegnung mit palästinensischen Christen in Bethlehem. So beginnt eine jahrzehntelange Verbindung mit dem Heiligen Land. Insgesamt elfmal wird er es in 21 Jahren bereist haben, auch viele Markt Schwabener haben ihn das eine oder andere Mal begleitet. Besonders bereichernd seien dabei die Gespräche gewesen. Mit allen. „Im Heiligen Land leben nicht nur Juden, sondern auch Palästinenser.“

Sichtbares Zeichen der Verbundenheit ist die auf dem Altar befindliche Unterlage für die Bibel. Sie stammt aus Bethlehem, ein Olivenholzschnitzer hat sie gemacht. „So haben wir auch die Welt hier drin“, erklärt Fuchs.

Die auf dem Altar befindliche, handgefertigte Bibelauflage aus Olivenholz ... (Foto: Peter Hinz-Rosin)
... stammt von einem Schnitzer aus Bethlehem. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zeitgleich ertönen wunderbare Klänge aus der Orgel. Noch so ein Meilenstein: 200 000 Euro müssen 2011 für das Instrument aufgebracht werden. Von der Musik ist es nicht weit zum Thema Gottesdienst. Als der Pfarrer erklärt, wie schwer ihm der Abschied fällt, ist er sichtlich bewegt.

Denn das hat der Geistliche immer mit großer Leidenschaft getan: versucht, andere für das Evangelium zu interessieren. „Der Glaube ist ein Geschenk, ich möchte dazu beitragen, dass es zu den Menschen kommt.“ Auch zu den Kirchenfernen. Oft hat er sich dazu realitätsnahe Vergleiche einfallen lassen, manchmal schon morgens um fünf („die besten Gedanken habe ich in der Früh“) und auf sein Handy gesprochen, „damit ich es nicht vergesse“.

Im Ruhestand will er den Jakobsweg weitergehen

An einem solchen Smartphone macht er einige der Impulse seiner letzten Konfirmandenpredigt im April 2024 fest, die ihm sehr wichtig ist. Dabei überträgt er die Beseitigung von Geräte-Störungen auf das menschliche Miteinander: „Ich suche Fehler nicht nur beim anderen, sondern auch bei mir.“ Und wenn doch alle Maßnahmen vergeblich seien, bliebe immer noch das, was alle Experten raten: der Neustart.

Einen solchen legt der 63-Jährige nun in gewisser Weise mit seinem Vorruhestand selbst hin. Der hat auch mit seiner Gesundheit zu tun. 2015 fühlt Fuchs sich im Büro unwohl, die Sekretärin ruft sofort den Notarzt. Schlaganfall! Zum Glück geht alles gut aus, Schäden bleiben keine zurück.

Doch für den Vater von vier Kindern, eines aufgrund eines Herzfehlers mit vier Tagen verstorben, ist es ein Signal, das er nicht überhören will. Zusammen mit Ehefrau Ruth begibt er sich auf den Jakobsweg. Das tut ihm so gut, dass er die Erfahrung wiederholt, immer wieder verschiedene Etappen absolviert. „Das gab mir Erholung, Entspannung. Ich konnte abschalten, nachdenken. Jeden Tag knapp 20 Kilometer laufen, hat was. Ein paar 100 Kilometer fehlen mir noch in Frankreich, vielleicht schaffen wir die im Ruhestand.“

Es gibt viel zu erzählen aus den letzten 23 Jahren – darum hat Fuchs eine üppig bebilderte Chronik verfasst. Sie wird sein Abschiedsgeschenk an die Gemeinde, die 50 bis 60 Exemplare bekommt. Interessierte Privatpersonen können das Werk bei ihm direkt bestellen - verdienen möchte er daran nicht, verlangt nur die Druckkosten. Auch Abschiedsgeschenke will er keine: „Die Leute sollen lieber was spenden – das Gemeindehaus muss noch abbezahlt werden.“

Auch der Neubau des Gemeindehauses fand während der Amtszeit von Pfarrer Fuchs statt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Ende schiebt er ein wenig stolz hinterher: „Immerhin lasse ich meinem Nachfolger Andreas Neeb ein gut bestelltes Haus zurück.“ Bis zu dessen offiziellem Dienstantritt am 1. Oktober sei „für den Gottesdienst gesorgt“. Um Trauungen, Taufen und Beerdigungen kümmern sich Pfarrer Michael Simonsen aus Poing und Pfarrer Roland Fritsch aus Erding.

Abschiedsgottesdienst für Pfarrer Karl-Heinz Fuchs: Sonntag, 14. Juli, 10 Uhr, Philippuskirche Markt Schwaben.

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