Markt Schwaben:Eine Sprache, die alle verstehen

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Uli Wunner und seine Band lockern nicht nur die Stimmung im Foyer des Franz-Marc-Gymnasiums auf, die Musik erleichtert auch Kontakte. (Foto: Hinz-Rosin)

Zum Jazz im Franz-Marc-Gymnasium Markt Schwaben sind auch die Flüchtlinge eingeladen

Von Annalena Ehrlicher, Markt Schwaben

Zum Jazz mit Uli Wunner im Foyer des Franz-Marc-Gymnasiums Markt Schwaben sind dieses Jahr auch die seit vergangener Woche in der Turnhalle einquartierten Flüchtlinge eingeladen. In Kooperation mit dem Förderkreis des Gymnasiums bringt Wunner Musiker aus ganz Europa und New Orleans nach Markt Schwaben. Das Organisationsteam hat das Foyer in eine Konzerthalle verwandelt: Vor der Bühne sind Tische aufgestellt, an denen es sich die Zuhörer bequem machen können. Martin Grasser, Vorsitzender des Fördervereins, begrüßt die Gäste und freut sich über den Zuwachs: Eine große Gruppe von Asylsuchenden, die in den Containern am Erlberg und seit vergangenen Donnerstag auch in der Turnhalle des Gymnasiums untergebracht sind, gehört ebenfalls zu den Besuchern. Die Mehrzahl von ihnen kommt aus Syrien, ein paar aus Libyen und Gambia. "Genießen Sie gemeinsam die Musik und haben Sie einen schönen Abend", schließt Grasser seine Begrüßungsrede. Musik sei die Sprache, die alle verstünden, sagt auch Wunner, bevor er mit dem ersten Stück beginnt.

Die Einladung an die Flüchtlinge wurde über den Helferkreis Markt Schwaben kommuniziert. "Wir wollen ganz unaufgeregt ein bisschen Normalität in die Situation bringen. Normalität und Musik", erklärt Grasser mit einem Blick auf die Zuhörer. Mehr als hundert Besucher drängen sich um die Tische. Zu Beginn wirkt das Bild noch etwas befremdlich, da sich Flüchtlinge und Stammhörerschaft nicht an einen Tisch setzen, sondern für sich bleiben. Die Stimmung lockert sich jedoch mit jedem Lied, das die Band spielt. Viele der Flüchtlinge filmen und fotografieren - für einige ist es die erste Kulturveranstaltung, seit sie in Deutschland angekommen sind. Für Gänsehaut sorgt Joris de Cocks rauchige Stimme, wenn er - wie passend - "City of Million Dreams" singt.

In der Pause kommt Bewegung in die Zuhörerschaft: Pianist Harry Kanters plaudert vor der Schule mit einer Gruppe von Flüchtlingen über Musik, Wunner fordert zum Tanzen auf, die Stimmung unter den Flüchtlingen entspannt sich zunehmend. "Viele waren sich nicht sicher, ob sie wirklich zu dem Konzert dürfen, und haben immer wieder nach Tickets gefragt", erzählt eine der Damen vom Helferkreis. Aber nachdem klar war, dass der Eintritt frei ist, hätten sich dann viele begeistert angeschlossen. "Einige wurden sogar im Nachhinein noch von ihren Freunden angerufen und zum Herkommen überredet", fügt sie hinzu. Es sei den Flüchtlingen ein großes Anliegen, Deutsch zu lernen. In der Pause bestätigt sich das: Eine Gruppe von Flüchtlingen steht um Uli Wunner herum, während er die Namen der Instrumente nennt, einer der Flüchtlinge bemüht sich, "Obazda" auszusprechen, ein Wort aus dem Bairischen, mit dem man sonst Zugereiste aus Norddeutschland gerne herausfordert. Dass die Turnhalle für einige der Flüchtlinge nun eine Unterkunft ist, hält Laura, Schülerin des Franz-Marc-Gymnasiums, für richtig. "Für die meisten von uns ändert sich dadurch kaum etwas - es gibt ja die Turnhalle der Realschule", sagt sie. Das werde sich schon alles finden, manchmal brauche es eben kreative Lösungen, so die Abiturientin. Man wisse ja nicht erst seit gestern, dass die Flüchtlinge kommen, fügt Marinus, Ehemaliger des Gymnasiums, hinzu.

"Natürlich haben einige der Markt Schwabener ihre Vorbehalte", erzählt eine Frau aus dem Helferkreis. "Deshalb sind Abende wie dieser so wichtig - man muss sich langsam aneinander gewöhnen." Während Uli Wunner und seine Bandkollegen auf der Bühne Stimmung machen, wird im Publikum nach und nach tatsächlich getanzt. Bis Normalität einkehrt, wird wohl noch Zeit vergehen - aber Grassers Ziel, die Situation mit Musik zu entspannen, ist erreicht.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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