Markt Schwaben:Die Stunde der Herzensbrecher

Markt Schwaben: Singt in einem Wellenbad der Zuneigung: Maurizio Cecchin, die italienische Stimme Markt Schwabens.

Singt in einem Wellenbad der Zuneigung: Maurizio Cecchin, die italienische Stimme Markt Schwabens.

(Foto: Christian Endt)

Beim "Konzert der Nationen" treffen Emotionen auf Talente

Von Ulrich Pfaffenberger, Markt Schwaben

Als Slobodanka und Simona Grazdanliev bei ihrem abschließenden Duett beim "Konzert der Nationen" zu kleinen Fahnen ihrer Heimat Mazedonien greifen und sie im Takt schwenken, ist es in der Theaterhalle in Markt Schwaben so, als hätte der Eurovision Song Contest Einzug gehalten. Schon der stimmlich starke Auftritt der beiden Schwestern, die begleitet von ihrem Vater dem Publikum einige große Pop-Hits wie "It's Raining Men" oder "Simply The Best" präsentierten, hatte eine showtaugliche Grundstimmung erzeugt. Mit den rotgoldenen Fahnen aber war die Parallele unverkennbar.

Was aber nicht bedeuten soll, dass es nationalistische Töne gegeben hätte am Burgerfeld. Im Gegenteil zeigte sich einmal mehr, dass die universelle, für jeden verständliche Sprache der Musik jederzeit in der Lage ist, auch die größten Gegensätze zu überbrücken und integrierend zu wirken. Trommelgruppe und peruanischer Volkstanz, Ragtime und Gospel, stille Klaviersoli und schmelzender Canzone fügten sich am Samstagabend nahtlos in ein vielschichtig aufgebautes und berührendes Konzert zusammen, weil alle verstanden, an was sie teilhatten. Die zum Mitsingen eingeladenen Zuhörer schließlich gaben der Veranstaltung letztlich den Charakter eines "Hoagascht" des 21. Jahrhunderts.

An so einem Abend spürt man zudem noch einmal, wie sehr die Weiherspiele das kulturelle Selbstbewusstsein Markt Schwabens geprägt haben. Es sind ja nicht nur die beiden einheimischen Größen Deuringer und Cecchin, die im Publikum schöne Erinnerungen an lauschig-musikalische Abende an der "Seebühne" wachrufen. Unter denen, die beim "Konzert der Nationen" ihre Darbietung zeigen, sind auch noch einige, die ebenfalls schon am Weiher mitgewirkt und ihre Spuren hinterlassen haben.

Die großen Emotionen rührten nicht zuletzt daher, dass im fast voll besetzten Haus die Stunde der Herzensbrecher geschlagen hatte. In ein Wellenbad der Zuneigung durfte vor allem Maurizio Cecchin eintauchen, seit Jahrzehnten die italienische (Gesangs-)Stimme Markt Schwabens, deren Klang nichts von ihrem Schmelz und deren Charme nichts von seiner Klasse verloren hat. Zuständig für den bairischsprachigen Part der Moderation, die er sich mit Elke Deuringer teilte, der großherzigen, feinfühligen Initiatorin des Konzerts, absolvierte er das, was man im Fußball ein "Heimspiel" nennt. Spätfolgen einer geglückten und glücklichen Integration - von beiden Seiten.

Was sich auch in der Gruppe Jankara des Nigerianers Tola Sholana zeigte, wo sich das Ensemble aus Trommlerinnen und Trommlern des Ortes und einiger umliegender Gemeinden rhythmisch ins Zeug legte und originelle Klangbilder wie "Little Lagos" erschuf. Stillen Charme wiederum versprühte der Schotte Jim Sloan, der am Piano mit einem Blues und einem Ragtime vorzüglich demonstrierte, dass für gutes Entertainment meist einfache Mittel und individuelles Können am überzeugendsten zusammenwirken.

Und die übernächste Generation? Wie sich Huang und Long Pham sowie Fabio von Daak und Jan Piero Jacobs-Vila mit Stücken aus ihrem Kulturkreis am Klavier präsentierten, zeugt von Begeisterung und hoher Musikalität. Der Funke sprang über, der Beifall übertraf das anerkennende Maß, das kindlichen Künstlern gern gezollt wird. Gleiches widerfuhr Marco Antonio und Diego aus Peru, die mit ihren Partnerinnen Aisha, Kathi und Anna veritable Folkloretänze aufs Parkett legten - mit kindlicher Anmut und professionellem Ansatz, konzentriert, beherzt, ausdrucksstark. Der Schritt vom Spiel zur Spielkunst war überschritten, das Publikum nicht nur berührt, sondern begeistert.

Die charismatischen Songs der Gospelgruppe "Praise Team" und dem mitreißenden peruanischen Nationaltanz "Marinera", vorgetragen von Celia Vila Castro, sowie Deuringers abschließendes Duett mit Cecchin und ihr anmutiges Solo im choralen "Amazing Grace" verschafften dem vierstündigen Konzert weitere Glanzpunkte. Ganz in dem Sinne, dass auch "Folk" einen weiten, aufspürenswerten Horizont kennt. Nicht nur in Markt Schwaben

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