Am Ende der Podiumsdiskussion zwischen den Markt Schwabener Bürgermeisterkandidaten Walentina Dahms (47, CSU) und Ronny Schreib (46, Zukunft Markt Schwaben) die am Freitagabend im Saal des Unterbräus stattfindet, wird Moderator Klaus Kandlbinder sagen: "Es gibt durchaus inhaltliche Unterschiede zwischen den Kandidaten. Man muss nur genau hinschauen."
Zeit zum Hinschauen hat das Publikum gewiss. Etwa drei Stunden lang stellen - oder besser: sitzen - sich Dahms und Schreib den Fragen Kandlbinders. Diese waren im Voraus von der Initiative "Markt Schwaben Miteinander", die auch die Podiumsdiskussion ausrichte, aus der Bevölkerung gesammelt und in vier Bereiche gegliedert worden: Jugendarbeit und Soziales, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Kommunale Infrastruktur sowie Gemeinschaft, Zusammenhalt und Integration.
Ronny Schreib gibt sich eher freundschaftlich, Walentina Dahms abgeklärt
Diese Wahl, der Wahlkampf und auch die Podiumsdiskussion stehen also unter dem Vorzeichen, wieder Ruhe und gesellschaftlichen Konsens in den Gemeinderat und in den Markt selbst einziehen zu lassen.
Gleich zu Beginn wird klar, welche Strategien die beiden Kandidaten fahren. Schreib, der sich zunächst bei der CSU politisch engagiert hat, seit 2019 bei der ZMS ist und seit 2020 auch im Gemeinderat sitzt, gibt sich volksnah und charismatisch, betont im Laufe des Abends wiederholt sein Engagement beim FC Falke sowie seinen Wunsch, für ganz Markt Schwaben einzutreten, was ihm aufgrund seiner "aus der Mitte der Gesellschaft" stammenden Partei auch gelingen würde.
Dahms wiederum gibt sich staatsfrauisch, betont ihre nunmehr vierjährige Erfahrung als zweite Bürgermeisterin, als Kreis- und Bezirksrätin. Sie stehe für "Kontinuität", mit ihr bekomme man eine "starke, engagierte Frau", die aber auch "empathisch" sei. Sie betont außerdem, dass sie keine falschen Versprechen abgeben und möglichst transparent sein will.
Die Fragen - von denen es für jeden Themenblock zwei gibt, eine mit und eine ohne Vorbereitung durch die Kandidaten - beantworten Schreib und Dahms größtenteils souverän. Schreib kann sich etwa eine Wiederbelebung des Mitternachtssports vorstellen, der von 2014 bis 2023 kostenlos lief. "Man muss das Rad nicht immer neu erfinden", sagt er.
Dahms punktet bei der zweiten, nicht vorbereiteten Frage, die sich um die Schwierigkeit dreht, im Markt einen Kitaplatz zu ergattern. Die zweite Bürgermeisterin betont die vergleichsweise gute Lage im Markt. Wenn aber doch einmal ein Problem auftrete, könnten die Bürger ganz pragmatisch und auf kleinem Dienstweg auf sie zukommen. Man finde dann mit den entsprechenden Sachbearbeitern schnell eine Lösung.
Beim Thema Klimaschutz zeigen sich das erste Mal Differenzen. Schreib, der auch der Kandidat der Grünen-Fraktion im Gemeinderat ist, betont die Wichtigkeit der Baumschutzverordnung, die für ihn auch noch "baumfreundlicher" hätte ausfallen können. Darüber hinaus macht er den Punkt der Vorsorge stark: Naturschutz koste zwar Geld, allerdings würde es in Zukunft deutlich teurer, wenn man jetzt nichts tue.
Auch Dahms - die Kandidatin von CSU, FDP und Freien Wählern ist - stellt sich hinter die Baumschutzverordnung, wichtiger sei es ihr jedoch, neue Bäume zu pflanzen. Außerdem sei sie für eine "Klimapolitik mit Maß und Ziel". Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte sich bei diesem Thema an die eigene Nase fassen und sich fragen, welchen Beitrag er oder sie leisten könne.
Einigkeit besteht wiederum beim Thema kommunale Infrastruktur. Die Ortsmitte um den Marktplatz sei gar nicht so hässlich, könnte aber verbessert werden; man müsse sich gut überlegen, was mit dem Gelände der Mittelschule geschehe; und Barrierefreiheit soll einen höheren Stellenwert einnehmen.
Der letzte Themenblock, der nach der Pause und vor der Fragerunde kommt, ist dann so etwas wie der Elefant im Raum. Beim Thema Zusammenhalt und Integration überrascht es nicht, dass es vor allem um die beiden Asylunterkünfte geht, die in Planung sind.
Walentina Dahms sagt, dass man integrieren wolle und werde, wie man es in der Vergangenheit bereits getan hat. Sie wolle jedoch auch das Landratsamt und die Regierung in die Pflicht nehmen, Konzepte und Personal bereitzustellen.
Ronny Schreib kontert das mit einem "da können wir lange warten" und erntet dafür Applaus. "Kein Konzept der Welt integriert Menschen", sagt er, nur Menschen könnten das und deswegen seien auch alle gefragt. Den Menschen in Not müsse man helfen, so gut es geht. Nichtsdestotrotz sagen beide, dass eine gute Vorbereitung wichtig ist.
Es gibt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern immer noch Verunsicherung, was die Flüchtlingsheime anbelangt
Wenig überraschend drehen sich der Großteil der Fragen aus dem Publikum ebenfalls um die Flüchtlingsheime. Ob nicht doch 120 Menschen in das Haus am Ziegelstadel einziehen könnten, möchte eine Teilnehmerin wissen. Der Platz sei schließlich da. Dahms verweist darauf, dass das Gelände in zwei Gebäude geteilt sei. Der Vertrag für das kleinere würde, so habe man es ihr gesagt, vom Landratsamt rückabgewickelt werden.
Warum es denn keine Diskussion um den Standort am Hanslmüllerweg gegeben habe, möchte eine andere wissen. Schließlich sei auch dort ein Kindergarten. Ronny Schreib verweist auf den Kompromiss sowie auf die Tatsache, dass das Gebäude in Zukunft auch für andere Zwecke als die Unterbringung von Geflüchteten dienen kann.
Walentina Dahms, die bis zu diesem Punkt im Auftreten eher zurückhaltend war, zeigt, dass sie auch anders kann. Mit klaren Worten erklärt sie, dass sie die Bedenken zwar verstehen könne, verweist aber auch darauf, dass es "überall irgendwo Kinder" gebe. Wenn dies der einzige Maßstab wäre, könne man nirgendwo eine Unterkunft errichten. Man finde ihre Handynummer jedoch im Netz, sie sei bereit, jedem die Entscheidung zu erklären.
Unterstützung erhalten die beiden vom mittlerweile 85-jährigen ehemaligen CSU-Kreisrat, Rolf Jorga, der viele Jahre im Orts- und Kreisvorstand der Senioren-Union aktiv war. Unter Tränen erzählt er von den Wirren der Nachkriegszeit und der desolaten Situation für Geflüchtete, zu denen auch er zählte. "Uns geht es spitze", sagt er und fordert, dass sich jeder fragen solle: "Wollen wir diesen Menschen helfen oder nicht?" Er erhält den längsten Applaus des Abends.
Die restlichen Fragen drehen sich um den Verkehr im Markt, die Administration, den Wechsel der Kandidaten von der freien Wirtschaft in die Verwaltung. Interessant ist noch die Information, Dahms auf eine Frage nach dem Wahlturnus gibt: Die Wahl des Bürgermeisters erfolgt dieses Mal auf acht, nicht auf sechs Jahre, damit in Zukunft Gemeinderat und Bürgermeister wieder gleichzeitig gewählt werden.
Die Abschlussstatements sind schließlich mindestens so interessant wegen etwas, das sie enthalten wie wegen etwas, das sie nicht enthalten. Klaus Kandlbinder hatte Dahms und Schreib darum gebeten, spontan zwei Aspekte in die Reden einzubauen: Was sie am anderen schätzen und was sie inhaltlich am stärksten vom anderen unterscheidet. Dahms sagt über Schreib, er sei "ein wirklich netter Mensch". Schreib, der seine Rede stehend und ohne Mikrofon hält, bedankt sich bei Dahms für ihr "überregionales Engagement".
Ob bewusst oder unbewusst, auf die inhaltlichen Unterschiede gehen beide nicht ein, was Kandlbinder zu seiner eingangs erwähnten Aussage bewegt. Die Wähler werden schon sehr genau hinschauen müssen, um die inhaltlichen Unterschiede zu sehen. Ob das bei dieser spezifischen Wahl eine gute oder eine schlechte Sache ist, könnte wiederum Gegenstand einer eigenen Podiumsdiskussion sein.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war die Rede davon, dass Ronny Schreib seit 2008 im Gemeinderat sitzt und dort seit 2009 die ZMS vertritt. Tatsächlich war Schreib zunächst Ortsvorsitzender der CSU, wechselte dann 2019 zur ZMS und ist seit 2020 im Gemeinderat vertreten. Die ZMS wurde 2013 gegründet.