Süddeutsche Zeitung

Markt Schwaben:Blumen statt Beton

Eine Garagen-Firma verwandelt Ackerland in eine Wiese. Wie passt das zusammen?

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Der Getreideacker von Landwirt Georg Adlberger ist groß wie ein Fußballfeld und böte Platz für etwa 300 Autogaragen. Und wer wenn nicht die unweit gelegene Garagenfirma Future Construct wäre hier verdächtig für einen Bauantrag. Tatsächlich, sagt Bauer Adlberger, gibt er die Bewirtschaftung dieses Ackers auf Antrag der Markt Schwabener Baufirma auf. Allerdings nicht, um dort überdachte Parkplätze zu errichten.

Die Garagenbauer von Future Construct wollen unweit ihres Markt Schwabener Firmensitzes einen Acker in eine Blumenwiese verwandeln. Ein Hektar oder 10 000 Quadratmeter Land, auf dem der Ackerbauer Adlberger am Ortsrand von Markt Schwaben bisher Getreidewirtschaft betrieb. Die Garagenfirma will auf seinem Grund künftig keine Autos schützen. Stattdessen, so heißt es, soll ein Zufluchtsort für Bienen, Schmetterlinge und Käfer entstehen.

Mit Käfern kennt er sich aus, wenngleich mit den größeren Kalibern aus Blech: Yann Ugarte ist Vorstand des Garagen-Unternehmens Future Construct AG und steht Ende Mai mit weißen Sneakers am Rande des noch braunen Feldes. Nun also Blumen statt Beton. Warum? "Mit unseren Garagen versiegeln wir zwar in aller Regel keine sonderlich schönen Flächen", sagt der 29-Jährige. Dennoch sei die Idee hinter dem Markt Schwabener Blumenwiesen-Projekt, "dass wir etwas an die Natur zurückgeben". Der Versuch, "eine Art Ausgleich zu schaffen".

Aus der Ferne tönt Vogelgezwitscher, von Insekten ist auf dem Feldweg nichts zu sehen und zu hören. Lediglich ein kleiner Falter hat sich herverirrt. Bauer Adlbergers Landstück ist flankiert von einem Kartoffelacker und drei Getreidefeldern: Gerste, Hafer und Weizen - nicht gerade Pflanzen, die Insekten Lebensraum bieten. Auch auf Adlbergers Acker wuchsen in den vergangenen Jahren wechselnde Getreidesorten. Nun hat er neu gesät: Zwei Drittel Wildblumen sind rein für Insekten bestimmt, der vordere Teil am Wegrand soll zudem die Optik aufwerten. Er verzichtet also auf Tierfutter, um Gassigängern den Spaziergang aufzuhübschen?

Zur Wahrheit gehört, dass dem Landwirt die fehlenden Erträge relativ kalt lassen, wie er sagt. Mit der Bewirtschaftung von 10 000 Quadratmetern Getreideland mache er einen Jahresumsatz von etwa 1500 Euro. "An Gewinn bleiben mir pro Jahr zwei bis dreihundert Euro", sagt der 38-Jährige. Nur 200 bis 300 Euro.

Landwirte erzielen mit Getreide auffällig niedrige Preise. Mit der Markt Schwabener Firma hat Adlberger nun einen Pachtvertrag ausgehandelt, der ihm jährlich garantiert 1200 Euro Pacht einbringt. Der vorläufige Kontrakt geht bis Ende 2021. "Wir denken aber an eine längerfristige Zusammenarbeit", sagt Ugarte. Teil der Vereinbarung ist, dass der Landwirt mit seinem Bulldog die Arbeit verrichtet, um den Acker zur Wiese zu formen und zu pflegen. Die 2000 Euro teure Blühmischung für das Areal übernimmt die Firma.

Die Markt Schwabener Garagenbauer stehen in einer bundesweiten Reihe mit immer mehr Unternehmen, die eine Form von Kompensation leisten, dem Vernehmen nach freiwillig. In aller Regel geht es dabei um die Themen Umwelt und Klima. Mittlerweile sind Vermittler am Werk, die Unternehmen gegen gutes Geld den eigenen CO₂-Abdruck durch die Finanzierung von Öko-Projekten "ausgleichen" lassen. Die Frage ist: Handelt es sich um einen Ausgleich im Wortsinn oder eher um einen symbolischen Akt?

Der Firmenvorstand betritt den Acker, wo bereits eine Infotafel zum neuen Projekt befestigt ist. Er berichtet, dass Future Construct pro Jahr 500 bis 700 Garagen in Deutschland baue - viele davon im Osten der Nation. Manche gehen in die Tiefe, oft ist dann bereits betoniert. Für adäquaten Ausgleich bräuchte es dennoch ein bis zwei zusätzliche Ackerfelder, die zu bienenfreundlichen Blumenwiesen verwandelt werden. Mindestens. Firmenvorstand Yann Ugarte sagt: "Das ist jetzt der Anfang."

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SZ vom 05.06.2021
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