Süddeutsche Zeitung

Ausflugsziel im Landkreis Ebersberg:"Der Weißbier-Hugo ist der Renner"

Kurz vor der Pandemie haben Martin Rottmayer und Anton Meier das "Sacherl" neben der Wallfahrtskirche Maria Altenburg übernommen - und die Durststrecke überstanden. Warum ein Besuch in vielerlei Hinsicht eine Wohltat ist.

Von Michaela Pelz, Moosach

Es gibt ja Orte, da möchte man einfach nie wieder aufstehen, sobald man sich einmal niedergelassen hat. Weil der Ausblick so schön ist, der Sitz so bequem, das kulinarische Angebot so breit gefächert. Im "Sacherl", dem Biergarten direkt neben der Wallfahrtskirche Maria Altenburg, trifft das alles auf einmal zu.

Schon bei der Anfahrt über eine sich aufwärts schlängelnde Straße, vorbei an Wiesen mit Schäfchen zur Linken und rechts den 14 steinernen Stationen eines Kreuzwegs, erholt sich nicht nur das Auge. Durchs Grüne führt dann auch der kurze Fußweg vom Parkplatz zum Sacherl. Die Zahl der bisherigen Stellplätze wird sich ab Ende Mai sogar noch deutlich erhöhen, sobald der neue Parkplatz nach einer noch ausstehenden Bepflanzung eröffnet wird.

Zumeist erreichen die Erholungssuchenden den oberhalb von Moosach gelegenen Ort jedoch ohnehin per pedes, etwa durch den Wald, vom Steinsee kommend, oder mit dem Rad. Die hölzernen Ständer dafür sind Marke Eigenbau - verantwortlich ist Martin Rottmayer, einer der beiden Betreiber des Lokals.

"Wenn mir langweilig ist, bau ich was," sagt er und lächelt. Das dürfte ein Understatement sein, schaut man sich einmal genauer um. Denn laut Co-Chef Anton Meier ist dessen Kompagnon sowohl für den Ausbau des Innenraums mit den rund 30 Plätzen verantwortlich, als auch für viele Details des Außengeländes, wo etwa 220 Personen Platz finden. "Bis auf Elektrik und Wasser beauftragen wir keine Firma, das macht alles der Martin selber."

Jeder hat seinen eigenen Aufgabenbereich, gegenseitiger Respekt wird großgeschrieben. Doch sie ergänzen sich auch gut, diese beiden Männer, das merkt man. Sonst wäre aus ihrem Kennenlernen in München - "beim Weggehen" - wohl nicht eine Freundschaft sowie eine nun bereits mehr als ein Vierteljahrhundert währende berufliche Zusammenarbeit geworden. Erst führten Martin Rottmayer und Meier bis 2014 knapp 20 Jahre lang das "Break Point", Bistro und Cocktailbar in Falkenberg, wozu von 1998 bis 2000 ein Hotel am Walchensee und ab 2007 der Moosacher Eventstadl "Zur Alten Säge" hinzukam. Dort können in einem mehr als 130 Jahre alten, umgebauten Sägewerk bis zu 350 Personen gemeinsam feiern - meist anlässlich einer Hochzeit.

Für die Wirte soll der kleine Biergarten eine Art "Austragshäusl" sein

Ist das noch nicht Auslastung genug? Oder warum haben die beiden nun auch noch das Sacherl übernommen, dessen geplante Eröffnung dann leider mit dem Start der Pandemie zusammenfiel? "Weil es so ist, dass man es auch im Alter betreiben kann", sagt der 48-jährige Meier. Und der drei Jahre ältere Rottmayer fügt hinzu: "Eigentlich wäre es uns in zehn Jahren lieber gewesen. Aber wir mussten in dem Moment zugreifen, als die Vorgängerin aufhörte. Und man wollte uns halt auch gern als Nachfolger haben." Ihn, gebürtig aus Oberpframmern, hat die Leidenschaft direkt nach der Lehre in die Gastronomie getrieben. Dabei hätte er eigentlich die elterliche Firma übernehmen sollen, wurde deswegen Bürokaufmann. Ein Schaden ist das aber nicht, denn neben seiner handwerklichen Vielseitigkeit ist der etwas bedächtigere Rottmayer für Service, Büro und Einkauf zuständig.

Meier hingegen ist nicht nur der Herr über die Küche, den man hinter dem Ausgabefenster live bei der Arbeit beobachten kann, sondern auch der Mann mit dem Deko-Gen. All die liebevollen Accessoires - wie die alte Kaffeemühle, die Tiegel oder das Essbesteck an den Wänden - sind sein Werk. Manches davon hat er auf Flohmärkten gefunden, anderes von Moosachern bekommen.

"Die wissen schon, dass ich das alte Zeug will. Sie stellen es mir einfach vor die Türe oder bringen es vorbei", sagt der hochgewachsene Blonde mit einem lausbubenhaften Lächeln - und verweist auf die alten Wagen, direkt am Eingang des Biergartens.

Der gebürtige Oberpfälzer ist gelernter Gastronom, eine Plakette neben der Tür zum Innenraum weist ihn als Absolventen der Hotelfachschule Altötting aus. Außerdem isst Meier nicht nur selbst gerne Fisch, sondern serviert ihn auch stets seinen Gästen Gerade der fangfrische Saibling aus der Region würde sehr geschätzt. Wie auch der Fischgrillteller, die großen Salate, Steaks und Spareribs, die das Sacherl im Sommer wieder anbieten wird. Den sonntäglichen Schweinsbraten gibt es jetzt schon, der gehöre einfach dazu, so wie auch der Wurstsalat. Aber manchmal müsse man eben noch mehr bieten als selbst gebackenen Kuchen und klassische Biergartengerichte, sagen die beiden Wirte.

Auch getränketechnisch knüpfen sie an die bewährten Traditionen aus Bistro-Zeiten an, um die Gäste glücklich zu machen. Deswegen stehen im Sacherl auch Gin und Mule-Highballs auf der Karte. Genauso wie ein "Weißbier-Hugo" mit Holunder, Zitrone, Prosecco und, klar, Weißbier. "Das ist der Renner!", ist man sich einig - zwar vielleicht nicht gerade bei den vielen Sektempfängen nach Trauungen in Maria Altenburg, aber umso mehr bei den zahlreichen Stammgästen, Radlern und Wanderern.

Wenn geschlossen ist, gibt es trotzdem was gegen Hunger und Durst - an einem Automaten

Eventuell auch bei den Wallfahrerinnen und Wallfahrern, die die 1467 erbaute, barocke Kirche vermutlich bald wieder per Bus ansteuern werden. Für diese Gruppen sperren die beiden Betreiber dann auch schon mal unter der Woche auf, da das Sacherl normalerweise nur samstags und sonntags geöffnet ist.

Zu allen anderen Zeiten kann sich, wer Hunger hat oder Durst, an einem bereitstehenden Automaten mit Proviant versorgen. Da gibt es neben Tee, Eiskaffee oder Fruchtsaftschorle sogar Tegernseer Heumilchkäse und Honig ("regional oder vom Schwager aus der Oberpfalz"). Auch auf Prosecco oder Bier muss niemand verzichten - an dem Automaten lässt sich mittels Personalausweis, Führerschein oder EC-Karte das dafür erforderliche Mindestalter nachweisen. Fürs Bezahlen braucht man allerdings Bargeld.

Früher war das Sacherl nicht mehr als eine Klause, mit Bedienung durchs Fenster

Das Hauptgeschäft von Meier und Rottmayer ist zwar nach wie vor der Eventstadl, den sie mit etwa 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreiben. Diese hätten ihnen sogar über die Pandemie hinweg die Treue gehalten - "weil es alles Minijobber mit Hauptberuf sind". Aber das Sacherl, das in seinen Anfangszeiten nicht mehr gewesen sei als eine Klause - "ein überdachtes Salettl mit Biergarnituren, bei dem man sich am Fenster die Sachen geholt hat", wie Rottmayer es beschreibt -, nimmt schon jetzt einen besonderen Stellenwert für die beiden Gastronomen ein.

So manches Kerzerl habe er in der Kapelle schon angezündet, für seine Lieben - aber auch für das Gelingen dieses Projekts "Austragshäusl", wie Meier es augenzwinkernd nennt. Dass das Sacherl schon für mindestens einen Gast zum Segen wurde, beweist ein handgeschriebener Brief. Er stammt von einer Dame aus München, die dem "Herr Anton" in bewegenden Worten dafür dankt, sie drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes erstmals wieder herzhaft zum Lachen gebracht zu haben.

So wird am Ende klar: Das Sacherl besitzt eine Seele. Denn seine Betreiber sind erkennbar mit Herzblut, Leidenschaft und Liebe dabei. Und das ist am Ende doch noch viel wichtiger als eine fantastische Aussicht oder die Vielfalt der Speisekarte.

Das Sacherl bei Maria Altenburg in Moosach, Öffnungszeiten (witterungsbedingt): Samstag 11 bis 17 Uhr (Selbstbedienung), Sonn- und Feiertage 11 bis 20 Uhr.

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