Mangelhafte Infrastruktur:E-Autos ohne Strom

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Wer mit dem E-Auto mobil bleiben will, muss gut planen können - denn Ladestationen wie hier in Grafing-Bahnhof sind rar. (Foto: Christian Endt)

Ladeplätze für E-Autos sind bei aktuellen Bauvorhaben ein großes Thema, da es noch viel zu wenig Versorgungsanlagen gibt. In der Zwischenzeit sollen Arbeitgeber einspringen

Von Moritz Kasper

Es gibt Fragen, an die musste sich Alexander Blab vom Smartcenter in Ebersberg erst einmal gewöhnen. "Wo kann ich mein Auto laden?" "Geht das auch mit grünem Strom, oder werde ich vom nächsten Kohlekraftwerk versorgt?" Doch spätestens, seit im März bekannt gemacht wurde, dass vom Jahr 2020 an nur noch elektrische Modelle vom Band rollen werden, haben E-Mobilität und die damit verbundenen Kundenfragen zu den vorhandenen oder nicht vorhandenen Lademöglichkeiten für den Verkaufsleiter eine sehr reale Bedeutung.

Wer über ein Eigenheim mit festem Stellplatz verfügt, ist meist fein raus. Denn so lange der Hausanschluss es mitmacht, kann das E-Auto bequem zu Hause an die Dose. Derzeit entstehen jedoch zahlreiche Neubaugebiete mit Wohnungen und Tiefgaragen, so dass gemeinschaftliche Lösungen her müssen. Am weitesten gehen die Pläne der Arbeitsgemeinschaft Poing (Arge). Dort wird im Norden der Gemeinde Wohnraum für etwa 2000 Menschen gebaut. Um die nötige Stellfläche für Pkw zu reduzieren, denkt die Arge zusammen mit den Bürgern Poings über eine Sammel-Tiefgarage mit Platz für etwa 200 Fahrzeuge nach. Laut einem Sprecher der Arge gehen die Überlegungen derzeit dahin, sämtliche Stellplätze mit einer Lademöglichkeit für E-Autos auszustatten. Damit könnten die zukünftigen Bewohner Poings auf eine Art gigantische unterirdische E-Tankstelle zurückgreifen.

Bis zu 200 Quadratmeter Platz ist allein für die technischen Anlagen veranschlagt, damit sich bis zu 200 Fahrzeuge gleichzeitig mit Energie versorgen können. Zweifel daran, ob der Energieversorger mit den Leistungsspitzen zurechtkommt, wenn alle nach Feierabend ihr Gefährt anschließen, schmettert Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) entschieden ab. "Sonst fliegt der Versorger halt raus. Alles andere wäre Mittelalter". Er zeigt sich zuversichtlich, dass der E-Mobilität bei den Planungen die notwendige Bedeutung zukommen wird und verweist auf die gute Zusammenarbeit mit der Arge.

Doch auch in dem Fall, dass sich ein Bauträger weniger kooperativ zeigt, sind den Gemeinden nicht die Hände gebunden. Auf Anfrage verweist eine Sprecherin des Landratsamts auf Paragraf 9 des Baugesetzbuches. Dieser erlaubt den Gemeinden, im Bebauungsplan Gebiete festzulegen, auf denen Ladeinfrastruktur installiert werden muss. Wer diese dann benutzen darf - also etwa, ob sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird -, entscheidet jedoch der Betreiber.

Von den luxuriösen Zuständen, die künftig in Poing vorherrschen könnten, sind E-Autofahrer ohne festen Ladeplatz aber noch weit entfernt. Sie müssen sich derzeit durch einen schier unüberschaubaren Dschungel aus Angeboten schlagen. Allein im Landkreis gibt es vier verschiedene Verbundsysteme für Ladesäulen mit eigenen Bezahlmethoden und Karten. Dazu kommen noch etliche halbprivat betriebene Ladeplätze an Hotels und Privathäusern, bei denen sich Fahrzeughalter individuell mit dem Besitzer absprechen müssen. Deswegen setzt die Energieagentur Ebersberg-München ihre Hoffnung auf die Arbeitgeber. Sie sollen ihren Mitarbeitern ermöglichen, während der Arbeitszeit ihre Fahrzeuge anzustöpseln. Zumal dann, wenn es dort Solarstrom gibt, hätte das den Vorteil, dass für die Mitarbeiter das Fahren mit einem E-Auto schon jetzt wirklich "grün" wäre und sie sich die aufwendige Suche nach Ladeplätzen sparen könnten. Ein einheitliches Bezahlsystem soll zudem für mehr Flexibilität sorgen.

Doch gerade diese besonders umweltfreundliche Stromtankmöglichkeit wird bei den größeren Arbeitgebern des Landkreises noch kaum angeboten, das Interesse scheint nicht besonders groß zu sein. Lediglich im Lidl-Zentrallager in Anzing gibt es eine funktionsfähige Lademöglichkeit für Mitarbeiter und Besucher. Bei der Firma Stahlgruber in Poing gibt es laut einem Unternehmenssprecher für die Mitarbeiter ausreichend Ladestationen auf den angemieteten Parkplätzen beim OCE.

Umso mehr überrascht es, wie weit die Wohnungsgenossenschaft Ebersberg schon bei dem Thema ist. Dort fahren die Mitarbeiter schon seit 2014 mit einem BMW i3 zu ihren Terminen, der mittels Solarstrom vom Dach des Bürogebäudes geladen wird. Und von den neuen Wohnungen an der Bergfeldstraße in Poing, die am Freitag übergeben werden, haben die Verantwortlichen der Wohnungsgenossenschaft einen Zugang zur Straße legen lassen, damit hier eine öffentliche Ladesäule aufgestellt werden kann. Für diese sucht man momentan noch Partner.

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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