Süddeutsche Zeitung

Luisa Grimm und Erin Döring:Mut und Anmut

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Höhenangst kennen die beiden 16-Jährigen nicht. Die Turnerinnen von Movimento Grafing haben mit ihrer Strapaten-Nummer bereits einen Preis im Münchner GOP Varieté Theater abgeräumt

Von Sabina Zollner

Sich an einem Band in der Luft baumeln zu lassen, erfordert viel Muskelkraft. Sich dabei noch elegant durch den Raum zu bewegen und akrobatische Figuren vor einem Publikum von 280 Leuten vorzuführen, dafür bedarf es viel Übung und Mut. Diesen Mut bewiesen die beiden Grafingerinnen Luisa Grimm und Erin Döring mit ihrer Strapaten-Nummer bei Talents 2019, dem 8. Bayerischen Kinder- und Jugend-Varieté-Festival im GOP Varieté Theater in München. Und ihre Courage zahlte sich aus: Die Kinderjury sowie die Erwachsenen-Jury kürten ihre Strapaten-Nummer "Hero" mit dem Sponsorenpreis. Damit setzten sich die beiden 16-Jährigen gegen zwölf Vorführungen mit insgesamt 34 Nachwuchsartisten im Alter von zwölf bis 19 Jahren aus ganz Bayern durch.

"Als wir auf der Bühne standen, konnten wir nicht mehr aufhören zu grinsen", beschreibt die 16-Jährige Erin Döring den Abend. Auch für Luisa Grimm war es ein unglaubliches Gefühl vor so vielen Leuten ihre Performance aufzuführen. Im Rampenlicht zu stehen ist für die beiden Zehntklässlerinnen aber nichts Neues. Mit ihrem Turnverein Movimento machten sie bereits bei zahlreichen Auftritten mit. Doch nur zu zweit eine Choreografie auf einer Bühne aufzuführen, auf der sonst nur Profiartisten stehen, das war das erste Mal für die beiden.

Grimm und Döring turnen seit bereits über zehn Jahren. Seit sechs Jahren sind sie Teil des Movimento Turnvereins in Grafing, der es jungen Menschen ermöglicht verschiedene Bewegungskünste auszuprobieren. So fanden sie auch ihren Weg an die Strapaten: Bei einer Show des Vereins sahen die beiden zum ersten Mal eine Aufführung dieser Form der Luftakrobatik - und waren begeistert. Im Oktober vergangenen Jahres fingen die Jugendlichen dann selbst an, mit den Bändern zu experimentieren. Als sie von dem Talents-Wettbewerb hörten, meldeten sie sich gleich an.

Bis zu dreimal die Woche trafen sich die beiden im Sportverein um an ihrer Nummer zu feilen. Die Choreografie dachten sie sich selbst aus. "Mir macht es viel Spaß Nummern zu choreografieren, weil ich dabei meine Kreativität ausleben kann", sagt Grimm. Mit ihrer Nummer wollten sie nicht nur ihre technischen Fähigkeiten beweisen, sondern auch eine Geschichte erzählen. Ihre Choreografie erzählt von zwei Freundinnen, die sehr unterschiedlich sind, aber trotzdem ihre Freundschaft nicht aufgeben. Ein bisschen beschrieb die Nummer vielleicht auch die Freundschaft von Grimm und Döring. Die Jugendlichen kennen sich bereits seit dem Kindergarten und waren auch auf der gleichen Grundschule. Seither ist Döring auf der Realschule in Ebersberg und Grimm auf dem Gymnasium in Grafing. Trotz unterschiedlicher Schulen verloren sich die beiden nie aus den Augen.

Kandidaten für den Jugend-Sportpreis der SZ

Zum zehnten Mal hat die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Wochen Leser, Aktive und Vereine aufgefordert, herausragende Sport-Talente aus München und der Region vorzuschlagen. Exakt 123 Athleten und Mannschaften hat die SZ seit der Premiere des "Talentiade"-Wettbewerbs im Jahr 2001 ausgezeichnet. In diesem Jahr gehen zahlreiche weitere Kandidaten ins Rennen um einen der mit jeweils 1500 Euro dotierten neun Förderpreise und den Schulsport-Preis "Klasse!" sowie den mit 5000 Euro dotierten Handball-Sonderpreis der Münchner Dr.-Ludwig-Koch-Stiftung - zu viele, um sie alle in Wort und Bild würdigen zu können. Die Landkreis- und Stadtviertel-Ausgaben der SZ präsentieren in dieser Ausgabe hoffnungsvolle Talente aus ihrem Verbreitungsgebiet. Bereits vorgestellte Talente bleiben selbstverständlich im Wettbewerb. Eine unabhängige Jury wählt am Dienstag, 25. Juni, die Gewinner aus.

Ihre langjährige Freundschaft kam ihnen auch in der Luftakrobatik zu Gute: Denn neben viel Muskelkraft gehört bei den Strapaten auch ein gewisses Vertrauen dazu. Vor allem bei dem Teil, an dem sie an nur einem Arm an einem Band hängen, müsse man sich auf den anderen verlassen können, so Döring. Auch in der Ausarbeitung ihrer Choreografie ergaben die beiden ein gutes Team: Durch ihre langjährige Erfahrung im Leistungsturnen konnte Grimm vor allem technische Feinheiten korrigieren. Döring beschäftigt sich neben Turnen auch mit Tanz sowie Akrobatik, und konnte deshalb tänzerische Elemente mit einbringen, die für die Übergänge der einzelnen Figuren wichtig waren. "Wir sind sehr unterschiedlich, aber ich glaube genau deshalb arbeiten wir gut zusammen", sagt die 16-Jährige. Die Bänder wurden bei der Aufführung über einen Motor nach oben und unten bewegt. Die Herausforderung dabei war, die Figuren so synchron wie möglich zu performen.

Für Luisa Grimm ist das Tolle am Turnen, dass es nie langweilig werde. So gibt es immer neue Herausforderungen. "Es macht einfach Spaß, an seine körperliche Grenzen zu stoßen." Auch Döring gefällt an dem Sport, ihr Können auszuprobieren und zu erfahren, wie viel Kraft in einem steckt. "Bei den Strapaten hat man das Gefühl durch den Raum zu fliegen", beschreibt sie. Nach der Aufführung waren die beiden erleichtert und traurig zugleich. Für die Jugendlichen ging nicht nur eine anstrengende Trainingsphase, sondern auch ein besonderer Abend zu Ende. Doch ganz vorbei ist das Festival noch nicht. Mit dem Sponsorenpreis erhalten die Mädchen im Herbst ein Training mit einem Profiartisten. Jetzt sind Döring und Grimm jedoch erst einmal im Urlaub. Geturnt wird aber trotzdem, doch anstatt in einer Turnhalle können sich die beiden am Strand austoben.

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Quelle:
SZ vom 22.06.2019
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