Ludwig Beham:"Es passiert nur deprimierendes, da kann ich keine heile Welt abbilden"

Lucky Beham - Ausstellung KVE Studio Rampe

Eine alte Kloschüssel mit zwölf Zahnbürsten wird bei dem Künstler zum letzten Abendmahl.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Künstler Ludwig Beham verweist mit seiner Arbeit auf die Abgründe des menschlichen Seins. In Ebersberg eröffnet seine Ausstellung "abstößig...anstößig".

Von Sabina Zollner, Ebersberg

Nicht jeder würde sich über gebrauchte Gegenstände an seinem Geburtstag freuen. Als der Künstler Ludwig Beham jedoch zwölf alte, bunte Zahnbürsten von seinem Freund bekam, nahm er das Geschenk dankend entgegen und scherzte, dass die Bürsten die zwölf Apostel Jesus darstellen. Aus einem Scherz entwickelte sich ein Kunstwerk.

Nun liegen die Zahnbürsten zwischen Buntstiften und einer blauen Spülbürste, die Jesus abbilden soll, in einer Toilette. Die Klobrille ist verschmiert mit bunten Farben, auf dem Deckel steht in krakeliger Schrift "The last supper" - eine Anspielung auf Leonardo da Vincis Gemälde "Das letzte Abendmahl". Warum Beham die Boten Gottes die Toilette runterspülen will, muss sich der Betrachter selbst denken. Das Werk von Ludwig Beham ist mit 24 weiteren Gemälden, Skulpturen, Assemblagen sowie Zeichnungen in der Ausstellung "abstößig...anstößig" zu sehen, die an diesem Freitag im Klosterbauhof Ebersberg eröffnet.

Lucky Beham - Ausstellung KVE Studio Rampe

Ludwig Beham will mit seinen düsteren Werken Emotionen beim Betrachter auslösen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit seinen abstoßenden Werken möchte der Künstler seine Betrachter zum Denken anstoßen. Seine Werke stellen eine dunkle, zerrissene Welt dar. An einem Rahmen ist ein blutverschmiertes, aufgerissenes Kissen befestigt, aus dem Nägel und Drahtschnüre ragen. In einer Kiste liegt ein Stück Holz, das von zwei Metallteilen und wild arrangierten Schnüren am Rand befestigt ist.

Lucky Beham - Ausstellung KVE Studio Rampe

Ein blutverschmierter Verband soll für Misshandlung stehen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein blutgetränkter Verband umschlingt das Holz. Die Assemblage soll Misshandlung abbilden. Seine Zeichnungen zeigen abstrakte Strukturen, Monster, surreale Wesen sowie oftmals Symbole des Christentums, welche die Macht der Kirche symbolisieren sollen. Eine Macht, die Beham, der christlich erzogen wurde, als Anti-Christ nicht leiden kann.

Lucky Beham - Ausstellung KVE Studio Rampe

Kunst war für Beham schon immer ein wichtiger Bestandteil seines Lebens.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Provokateuer und Anarchist

Seine Kunst zeigt die Abgründe des menschlichen Seins. Gewalt, Schmerz und Macht sind in seinen Werken einander ganz nah. "Es passiert eben nur deprimierendes, da kann ich keine heile Welt abbilden", beschreibt der Ebersberger. Als einen politischen Künstler möchte er sich nicht bezeichnen, obwohl seine Werke im-mer auch eine politische Aussage haben. Breham ist alles andere als unpolitisch. So regen ihn alte Herren auf, die die Vergangenheit nicht verstehen. Auch versteht er nicht, warum die Menschen nicht mehr richtig demonstrieren gehen. Mit seiner Kunst will er die Menschen emotional aufwecken. Und vor allem eins: provozieren. Auch, weil es ihm Spaß macht.

Der 64-Jährige ist im Ruhestand, über 38 Jahre arbeitete er im Betreuungszentrum Steinhöring als Erzieher, seit 40 Jahren lebt er in Ebersberg, hauptsächlich in Wohngemeinschaften. Kunst war für Beham schon immer ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Geld wollte er damit aber nie verdienen. Denn für Beham kann wahre Kunst nur außerhalb des Marktes entstehen. Kunst soll nicht gefallen, sie soll sich aus dem Innersten heraus entfalten. "Trotzdem fände ich es interessant, was ein Galerist zu meiner Kunst sagen würde", sagt Beham und lacht.

Inspiriert ist der gebürtige Glonner von informellen Künstlern wie Arnulf Rainer, Dieter Roth und Wols, die sich von strengen Form- und Kompositionsprinzipien abwendeten. Die informelle Kunst ist vor allem eine Haltung. Das Werk entsteht nicht nach einem vorher festgesetzten Plan, sondern in einem intuitiven Prozess des Schaffens. Auch Beham sieht die Freiheit als wichtigen Bestandteil seiner Kunst. "Meiner Seele nach bin ich Anarchist", sagt er. So glaubt auch Beham, dass jeder Künstler sein kann.

"Wenn man zu lange überlegt, wird das Bild nur schlechter"

Mit seinen Werken möchte der Ebersberger bei dem Betrachter Emotionen auslösen und ihn so aus seiner Isolation befreien. "Ich finde es wichtig, dass wir uns immer wieder mit der Welt um uns herum auseinandersetzten", beschreibt er. Auch Expressionisten wie Ernst Ludwig Kirchner inspirierten Beham, den er vor allem für sein intuitives Handwerk bewundert. "Die Intuition stärkt, was das Bild aus-drücken soll", sagt er.

Auch Behams künstlerischer Prozess ist von Spontaneität geprägt. "Wenn man zu lange überlegt, wird das Bild nur schlechter", beschreibt er. Seine Materialien sind vor allem Gegenstände, die Beham im Alltag sammelt. So findet er alte Bilderrahmen und Holzstücke am Straßenrand oder bedient sich im Keller seiner Freunde. Beham weiß sofort, was und ob er etwas mit einem Gegenstand machen will. Denn bereits das Material hat für ihn eine künstlerische Aussage. So dreht er den ein oder anderen Bilderrahmen auch gerne mal herum. Das mache sie archaischer und rücke die Schönheit in den Hintergrund.

In der Ausstellung wollte sich Beham noch ein mal richtig austoben - eine letzte Provokation sozusagen. "Ich weiß ja nicht, wie viele Ausstellungen ich in Zukunft noch machen kann", sagt der 64-Jährige. So überrascht es nicht, dass Beham einen Kuhfladen auf die Rückseite eines alten Bilderrahmen nagelte. Er sagt: "Auch ein Kuhfladen kann ästhetisch sein."

Ausstellung von Ludwig Beham: "abstößig...anstößig" im Studio an der Rampe des Kunstvereins Ebersberg im Klosterbauhof, Eröffnung an diesem Freitag, 31. Mai, von 18.30 Uhr an, geöffnet am Samstag, Sonntag, 1./2. Juni, jeweils 15 bis 18 Uhr, sowie Freitag bis Sonntag, 7. bis 9. Juni, jeweils 16 bis 19 Uhr.

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