Süddeutsche Zeitung

Lesungen, Buchtipps und eine Promi-Praktikantin:Mit Herz und persönlichem Kontakt

Lesezeit: 4 min

Bei der "Woche unabhängiger Buchhandlungen" zeigen kleine Läden, warum sie unverzichtbar für die Gesellschaft sind. Auch in Grafing und Vaterstetten finden Veranstaltungen statt.

Von Carolin Schneider

Eine große Menge an Büchern, der Duft nach Papier und Menschen, die mit Freude ihrer Arbeit nachgehen und ihre Kunden persönlich beraten - das sind nur ein paar Merkmale von kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen. Um zu zeigen, was diese Läden einzigartig macht, findet nun von 4. bis zum 11. November die diesjährige Woche unabhängiger Buchhandlungen statt. Ziel ist es, den Bürgern durch Veranstaltungen und Aktionen zu zeigen, was der Buchladen um die Ecke zu bieten hat und warum es wichtig ist, diesen zu unterstützen. Auch der Buchladen Vaterstetten und die Bücherstube Slawik in Grafing nehmen an der Aktion teil und bieten in der kommenden Woche verschiedene Veranstaltungen an.

"Die kleinen Buchhandlungen müssen etwas tun, um gegen die großen Bestand zu haben", sagt Lisanne Türk, eine Mitarbeiterin im Buchladen Vaterstetten. Deshalb habe die Inhaberin des Geschäfts, Manuela Harm, beschlossen, bei der Woche unabhängiger Buchhandlungen mitzumachen. Sich gegen Online-Händler zu behaupten, sei sehr schwierig. "Ein Klick am Handy oder Computer ist eben schnell gemacht", sagt Türk. Bei einer Suche über eine Suchmaschine im Internet seien die großen Buchhandlungen oder die Online-Händler schneller zu finden als kleine Buchhandlungen. Dabei haben diese auch oftmals eine Internetseite und bieten Onlinebestellungen an. "Auf unserer Homepage kann man 24 Stunden am Tag bestellen", so Türk. Die Bestellung kann man sich entweder nach Hause liefern lassen oder am nächsten Tag in der Buchhandlung abholen. Damit ist der Weg über eine örtliche Buchhandlung manchmal sogar schneller als über einen Online-Versand. Das ist auch der Fall, bestellt man ein Buch über die Internetseite der Bücherstube Slawik in Grafing. "Wenn man bis 16, 17 Uhr bestellt, kann man es am nächsten Tag abholen, wenn der Laden um zehn Uhr öffnet", erklärt die Inhaberin Catherina Slawik. Wenn es besonders eile, sei aber auch schon ab acht Uhr jemand im Laden, der das bestellte Buch aushändigen kann. "Hier gibt es Bücher zum Anfassen", sagt die Buchhändlerin. "Und außerdem sind hier Menschen." Wenn alle nur noch im Internet bestellen würden, bliebe das Menschliche auf der Strecke, der soziale Umgang, der im Bücherladen gepflegt wird, so Slawik. "Außerdem bleibt dann das Geld nicht im Ort", sagt sie weiter. Denn die Internethändler bezahlen keine Gewerbesteuern in der Gemeinde.

"Viele Menschen glauben, dass es billiger ist, ein Buch im Internet zu kaufen", sagt die Autorin Silke Schlichtmann aus München, die am 11. November im Buchladen Vaterstetten zu Gast sein wird. Bei Lesungen falle ihr immer wieder auf, dass viele Kunden dieser Meinung sind. Das ist aber nicht der Fall: In Deutschland gibt es die Buchpreisbindung. Die Verlage setzen einen Preis für ein Buch fest, der von den Händlern nicht verändert werden darf. Deshalb kostet das Buch im Online-Handel genauso viel wie im Buchladen um die Ecke. "Mein Herz schlägt für inhabergeführte Buchhandlungen", so die Kinderbuchautorin. "Dort fühle ich mich einfach wohler." Vor allem die persönliche Note sei ein großer Vorteil von kleinen Buchhandlungen. Wenn sie dort nach einem Buch für eine Freundin frage und ein paar Charakterzüge dieser nennt, bekomme sie immer ein passendes Buch. "Das bekommt kein Algorithmus hin", ist sich Schichtmann sicher. In Vaterstetten wird sie selbst in die Rolle eines Buchhändlers schlüpfen. Zwei Stunden lang wird sie die Kunden beraten und Bücher empfehlen. "Meine eigenen Bücher werde ich gerne signieren, aber anpreisen kann ich nur die meiner Kollegen", sagt Schichtmann. "Da bin ich zu bescheiden." Der Inhaberin des Buchladens hat sie bereits eine Liste geschickt mit ihren persönlichen Lieblingsbüchern. Die Auswahl reicht dabei von Kinderbüchern über Krimis bis hin zu Gedichtbänden.

Im Buchladen Vaterstetten freuen sie sich schon darauf, wenn die "Promi-Praktikantin", wie Lisanne Türk die Kinderbuchautorin beschreibt, die Kunden berät. "Die individuelle Beratung ist natürlich etwas, das können große Ketten nicht so einfach bieten", so Türk. Oftmals fehle die Zeit, außerdem kennen sie die Kunden nicht. "Wir denken oftmals schon beim Einkauf an einen bestimmten Kunden", erklärt Türk. Da sie wissen, was dieser gerne liest, können sie ihn dann ganz individuell beraten. "Das schätzen die Kunden sehr", sagt die Buchhändlerin. "Wenn jemand kommt und sagt, ich brauche für den und den ein Buch, dann wissen wir oft, was derjenige gerne liest", sagt Catherina Slawik. Schließlich verpacken sie die Bücher auch nach Geschmack des Kunden und achten darauf, dass sich alle wie zu Hause fühlen. "Wir wollen, dass der Besuch im Buchladen ein Wohlfühlmoment ist", so Slawik.

Die Literaturexpertin Ulrike Wolz wird anlässlich der Woche unabhängiger Buchhandlungen sowohl in Vaterstetten als auch in Grafing zu Gast sein. Für sie ist es ein Anliegen, die kleineren Buchhandlungen zu unterstützen. "Es geht eine Kultur verloren, wenn nur noch online eingekauft wird", ist sie sich sicher. Der Buchhändler kenne seine Kunden mit Namen, im Laden könne man durch die Bücher blättern und die Buchhandlung werde zu einem Treffpunkt im Ort. Das alles könne ein Online-Handel nicht bieten. Ulrike Wolz wird am 8. November in Vaterstetten und am 10. November in Grafing ihre liebsten Neuerscheinungen vorstellen. Acht bis zehn Bücher unterschiedlicher Genres stehen auf ihrer Liste, sie spricht über den Autor und den Inhalt und liest eine kleine Kostprobe aus dem Werk vor. "Das ist den Leuten besonders wichtig", so Wolz. "Dann wissen sie, ob ihnen ein Buch zusagt."

Für Ursula Hahnenberg, die Krimis aus dem Ebersberger Forst schreibt, bedeuten inhabergeführte Buchhandlungen alles. "Zu kleineren Läden hier in der Region habe ich persönlichen Kontakt", erzählt sie. "Dadurch präsentieren die meine Bücher ganz anders." Sie dekorieren etwa ein Schaufenster mit ihren Krimis und platzieren sie an einem prominenten Platz. Die Empfehlungen für die Kunden seien bei einer kleinen Buchhandlung direkt auf den Kunden zugeschnitten. "Der Buchhändler ist für mich die Brücke zum Leser", sagt die Autorin aus Forstinning.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2017
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