Lesetipp Nummer eins und zwei:Panik und blutige Details

"Sprache und Sein" sowie "1793"

Sebastian Otter aus Ebersberg hat gleich zwei Lesetipps für die Zeit der Corona-Isolation. Der erste ist "Sprache und Sein" von Kübra Gümüsay. Darin geht es um die Wechselwirkung zwischen Sprache und Wahrnehmung. Die gebürtige Hamburgerin, die unter anderem in England lebte, weiß durch ihre eigene Mehrsprachigkeit um den Facettenreichtum, aber auch die Limitierungen von Sprache. Anschaulich schildert die 32-Jährige zahlreiche Beispiele aus aller Welt, wo es für unterschiedliche Gefühle oder Vorgänge in der einen Sprache einen feststehenden Ausdruck gibt, in der anderen jedoch nicht. Als politische Aktivistin prangert sie an, wie durch eine bestimmte Ausdrucksweise nicht nur Vorurteile, sondern sogar Hass, Hetze oder Häme transportiert werden. Mit ihrem Buch will die Autorin deutlich machen, welche Verantwortung mit Sprache verbunden ist, gerade im Hinblick auf das Denken und die Politik. Im "Literarischen Quartett" hieß es, man solle jetzt "Die Pest" von Albert Camus lesen, erzählt Otter. "Das würde ich dann doch nicht empfehlen. Stattdessen rate ich jedem zu ,Sprache und Sein'. Dieses wahnsinnig wichtige Buch passt zur aktuellen Zeit. Es geht darin ja nicht nur um Diskriminierung, sondern darum, dass über Sprache allgemein viel transportiert wird, sogar Panik, wie etwa jetzt im Moment."

Lesetipp Nummer eins und zwei: Kübra Gümüsay:"Sprache und Sein", Hanser Berlin,gebunden,ET: 27.01.2020,208 Seiten,18 Euro

Kübra Gümüsay:"Sprache und Sein", Hanser Berlin,gebunden,ET: 27.01.2020,208 Seiten,18 Euro

Das zweite Buch, das Otter allen Lesern ans Herz legen möchte, ist "1794" von Niklas Natt och Dag. Schon dessen Debüt mit dem Titel "1793" verkaufte sich über Nacht in 30 Länder und brachte dem aus einem schwedischen Adelsgeschlecht stammenden Verfasser zahlreiche Preise sowie eine wochenlange Platzierung in den Bestsellerlisten ein. Auch die Fortsetzung des historischen Krimis hat es in sich: Jean Michael Cardell, Stadtknecht mit Phantomschmerzen, dort, wo einst sein linker Unterarm war, macht sich gemeinsam mit Emil Winge, dem Bruder des mittlerweile verstorbenen Cecil, daran, den Tod einer jungen Frau aufzuklären. Als angeblicher Mörder gilt ihr kaum 16-jähriger Ehemann. Das schonungslose Sittengemälde mit Details, die sich zarte Gemüter besser ersparen sollten, wird immer wuchtiger und unerträglicher - hat gleichzeitig aber eine ungeheure Sogwirkung. Gekonnt nimmt der Autor seine Leserschaft mit in die Karibik, nach Saint-Barthélmy, schwedische Kolonie und größter Sklavenmarkt der Antillen, bevor er tief in Dreck und Verzweiflung der Stockholmer Ärmsten eintaucht. Der Erfolg des Romans rührt aber wohl vor allem her von die Schilderungen der Beziehungen und des Innenlebens der Figuren. "Dieses Buch nehme auch ich persönlich mir als Lektüre vor. Der erste Band war heftig und richtig gut. Man konnte sich komplett in die Zeit hineinfallen lassen", sagt Otter.

Lesetipp Nummer eins und zwei: Niklas Natt och Dag: "1794",Piper, übersetzt von Leena Flegler, TB,ET: 03.01.2020,560 Seiten,16,99 Euro.

Niklas Natt och Dag: "1794",Piper, übersetzt von Leena Flegler, TB,ET: 03.01.2020,560 Seiten,16,99 Euro.

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