Lehrstellen im Landkreis Ebersberg:Freie Auswahl für Spätzünder

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Jugendliche, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, können trotzdem aus dem Vollen schöpfen. Die Arbeitsagentur meldet 278 offene Ausbildungsstellen im Landkreis - auch in attraktiven Branchen.

Von Mariel Müller, Ebersberg

"Man sollte nicht den Kopf in den Sand stecken, es ist nämlich noch nicht zu spät", Christine Schöps von der Agentur für Arbeit in Freising, die auch für den Landkreis Ebersberg zuständig ist, ist zuversichtlich, dass der überwiegende Teil der Ausbildungssuchenden bis Anfang September eine Lehrstelle haben wird. Helfen soll dabei auch die "Last-Minute-Vermittlung", die nun von der Agentur veranstaltet wurde.

278 unbesetzte Ausbildungsstellen wurden bis Juni dieses Jahres bei der Arbeitsagentur von Unternehmen in der Region gemeldet. Die Berufe, die noch am meisten unbesetzte Ausbildungsstellen aufweisen sind: Kaufmann beziehungsweise Kauffrau im Einzelhandel und im Büromanagement, Fachkraft in der Lagerlogistik und Verkäufer oder Verkäuferin.

Auf die freien Stellen kommen 200 Bewerberinnen und Bewerber, die im laufenden Jahr noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. "Dieses Last-Minute-Angebot richtete sich an Jugendliche, die wir bisher mit unserer Berufsberatung noch nicht erreicht haben", so Christine Schöps. Normalerweise kämen die Schüler schon früher zur Berufsberatung, so Schöps weiter.

Gute Nachrichten hat sie aber dennoch auch für jene, die den Last-Minute-Termin nicht wahrnehmen konnten und spät mit der Bewerbung dran sind: "Sie können auch jetzt noch zwischen verhältnismäßig vielen Berufen und Betrieben wählen", so Schöps. Grund dafür sind dafür die gute Konjunktur und die ohnehin stabile Konsumfreude im Landkreis. "Generell ist zu sagen, dass die Jugendlichen sich aufgrund der wirtschaftlich sehr starken Region in einer komfortablen Situation befinden."

Für das zu spät Dransein gibt es viele Gründe: "Manchen ist nicht bewusst, dass es nicht von heute auf morgen geht, eine Stelle zu finden, andere halten lange an ihrem Wunschberuf fest, obwohl da die Chancen nicht gut sind." Dabei müsse man meist nicht einmal einen "Riesenkompromiss" machen, oft reiche es den Berufsberatern, sich anzuschauen, warum der Jugendliche sich für einen bestimmten Beruf interessiert. Auf dieser Basis könne man Alternativen finden, mit denen der Bewerber auch zufrieden ist.

Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger sieht der Suche der Betriebe nach Auszubildenden gelassen entgegen: "In den vergangenen Jahren hatten wir nie Probleme, Auszubildende unterzubringen." Trendberufe wie Kfz-Mechatroniker, Schreiner oder Metallbauer seien beliebter geworden bei den Jugendlichen. Dass aber ein bestimmtes Vorwissen für einige Berufe notwendig ist, zeige sich in der Berufsschule, wo es dann zu Problemen kommt. Trotzdem brechen nur die allerwenigsten ab: "Die Abbrecherquote ist ein Traum, sie geht fast gegen Null", so Schwaiger.

Entscheidend für die Berufswahl ist nach den Erfahrungen des Kreishandwerksmeisters vor allem das Image eines Berufsfeldes: "Wenn man den Fernseher anmacht, sieht man andauernd Köche" sagt Schwaiger. Entsprechend populär sei der Beruf inzwischen geworden. Bei weniger beliebten Berufen stimme das Bild hingegen nicht. "Deshalb tun wir viel, um den Schülern die Berufe zu zeigen und näherzubringen."

Um die unbesetzten Ausbildungsstellen zu füllen, würden die Betriebe gerne auch Flüchtlinge als Auszubildende annehmen. "Die sind hoch motiviert und lernwillig" ist Schwaiger überzeugt. Um ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen, müsse die Politik endlich klare Aufenthaltsregeln festsetzen, so die Forderung des Kreishandwerksmeisters.

Die Arbeitgeber fordern die sogenannte "3 plus 2 Regel": Dem Flüchtling müsse im Anschluss an die dreijährige Ausbildung ein festes Bleiberecht für zwei Jahre zugesichert werden, dann würden Betriebe problemlos Flüchtlinge einstellen, ist Schwaiger überzeugt. Sonst seien die Bedenken zu groß, dass der Flüchtling während der Ausbildung abgeschoben wird. Als Beispiel: In der Bauindustrie kostet den Arbeitgeber die dreijährige Ausbildung 34 000 Euro. Auf die zwei Jahre nach Abschluss der Ausbildung bestehe man, "weil der Betrieb sicher gehen will, dass etwas von der Arbeit und den Kosten zurück kommt".

Eine weitere Hürde ist die Sprache. "Die Deutschkenntnisse reichen in den meisten Fällen nicht aus, um eine Ausbildung machen zu können", berichtet Josef Gibis vom Helferkreis Ebersberg. Solange der Asylbewerber sich im Asylverfahren befindet, dürfe er nur an Deutschkursen teilnehmen, die von Ehrenamtlichen im Landkreis angeboten werden. "Das sind eine bis drei Stunden wöchentlich, das reicht bei Weitem nicht", sagt Gibis.

In München ist man da schon weiter: Die Außenstelle der Städtischen Berufsschule zur Berufsvorbereitung bietet speziell für Flüchtlingen neben der Möglichkeit, einen qualifizierenden Mittelschulabschluss zu erlangen, Hilfe bei der berufliche Orientierung und beim Bewerbungsprozess an. Drei junge Eritreer, die in Anzing untergebracht sind, wurden vom örtlichen Helferkreis dorthin vermittelt.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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