Süddeutsche Zeitung

Langfristige Hilfe:Neue Hoffnung für Flüchtlinge

Grafinger Unternehmerfamilie bietet dem Landratsamt ehemaliges Gasthaus als Obdach für bis zu 35 Asylbewerber an. Damit wären nach über einem Jahr Suche endlich genügend Unterkünfte im Landkreis vorhanden

Thorsten Rienth

Grafing- Die Stadt Grafing könnte eine Schlüsselrolle bei der Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis Ebersberg übernehmen. Eine Grafinger Unternehmerfamilie will das frühere Gasthaus in der Münchner Straße gegenüber der OMV-Tankstelle zur Unterkunft für Asylbewerber umbauen. Geht der Plan auf, könnten die aktuellen Platzprobleme des Landkreises damit auf einen Schlag gelöst werden.

Insgesamt 135 Asylbewerber muss der Landkreis Ebersberg nach der aktuellen Zuweisungsquote aufnehmen. Zwar sind 113 Flüchtlinge bereits untergebracht, aber für mindestens 22 Menschen fehlen Quartiere, wie Norbert Neugebauer, Büroleiter von Landrat Gottlieb Fauth, am Mittwoch im SZ-Gespräch bestätigte. "Die Lage ist nach wie vor angespannt, wir sind nach wie vor im Minus."

Umso schwerer wiegt das Angebot von Josef Reindl, Geschäftsführer und Eigentümer der Grafinger Hasi-Bäckerei. Er und seine Frau besitzen einige Immobilien in Grafing. "Da stellt man sich natürlich die Frage, was mit ihnen geschehen könnte." Bei diesen Gedankenspielen sei ihnen die Idee einer Asylbewerberunterkunft gekommen. "Es wäre doch schön, wenn der leer stehende Gasthof einen sozialen Zweck bekommen würde", sagt der Unternehmer. Er betont, bei der Angelegenheit als Privatmann aufzutreten und nicht im Namen der Bäckerei. "Wir sehen das als unseren Beitrag zu einer gesellschaftlichen Aufgabe."

Schon am kommenden Dienstag wird sich der Grafinger Bauausschuss mit der Thematik beschäftigen. Reindl möchte das Gebäude so renovieren lassen, dass die Asylbewerber schon relativ zeitnah einziehen könnten. Dass sich der Ausschuss gegen das Vorhaben ausspricht, gilt in Stadtratskreisen als ausgeschlossen.

Reindl macht kein Geheimnis daraus, dass bei der Sache auch ein gewisses Investment eine Rolle spielt. "Es ist sozusagen eine kaufmännische Entscheidung mit Herz." Stellt er die Wohnungen zur Verfügung, erhält er dafür schließlich den ortsüblichen Mietsatz - vom Landratsamt. "Wir sehen das nicht als eine kurzfristige Sache", erklärte Reindl der SZ. "Wir peilen mindestens drei Jahre an."

Den Planungen im Landratsamt kommt das sehr entgegen. "Wenn etwas unter einem halben Jahr angeboten wird, dann lohnt es sich normalerweise gar nicht, das tatsächlich herzurichten", erklärte Büroleiter Neugebauer. "Je langfristiger wir planen können, desto besser ist das für uns." Das gilt auch für die bis zu 35 Plätze, die Reindl in Grafing schaffen will. "Funktioniert das alles so, wie er es sich vorstellt, dann ist das für uns eine wirklich sehr, sehr positive Sache. Dann hätten wir sogar einen Puffer." Der könnte wegen des Krieges in Syrien und den dadurch größer werdenden Flüchtlingsströmen schnell aufgebraucht sein. "Die Anzahl derer, für die wir Quartiere bereitstellen müssen, erhöht sich Monat für Monat", sagt Neugebauer.

Bei allen Unwägbarkeiten, die die Umwandlung von leer stehenden Gebäuden in Flüchtlingsunterkünftetreten bisweilen mit sich bringen: "Die Nachricht ist erstmal wie eine Weihnachtsbescherung - es ist nicht lange her, da stand für die Flüchtlinge noch die Turnhalle zur Debatte", kommentierte Anne Cohrs vom Ebersberger Verein Ausländerhilfe die Neuigkeiten aus der Nachbargemeinde.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2012
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