Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft in Grafing:Hübsche Pionierin

In Straußdorf erprobt Landwirt Martin Lechner den Anbau der Durchwachsenen Silphie. Die Energiepflanze soll eine Alternative zu Mais für Biogasanlagen sein - doch momentan gibt es noch kaum Erfahrungen damit

Von Franziska Bohn, Straußdorf

Leuchtend gelbe Blüten und bis zu drei Meter hohe Stängel, dazwischen tummeln sich Bienen und sausen von Blüte zu Blüte - die Durchwachsene Silphie ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern gilt auch als Alternative zum Maisanbau für Biogasanlagen. Ursprünglich kommt die Energiepflanze aus Nordamerika, CSU-Kreisrat und Landwirt Martin Lechner hat als Erster im Landkreis 0,8 Hektar davon angebaut, mit finanzieller Unterstützung des Landkreises. Der Umweltausschuss des Kreistages beschloss kürzlich, den Anbau der Durchwachsenen Silphie weiter mit 500 Euro pro Hektar zu fördern.

Ein Vorteil der Pflanze sei, so Lechner, dass man im Vergleich zum Mais vom zweiten Anbaujahr an keine Unkrautbekämpfungsmittel verwenden müsse und keinen Dünger benötige. Zudem sei die Humusbildung besser, da die Wurzeln tief in den Boden reichen und ihn auflockern. Anders als Mais müsse man sie nur einmal aussäen: "Die Pflanze wächst mindestens zehn Jahre lang von selbst nach. Mais müsste ich jedes Jahr neu säen und den Acker umpflügen", erklärt Lechner. Von Mitte Juli bis Ende September steht die Pflanze auf dem Feld, dann kann sie geerntet werden. Auch die Bienen freuen sich über die Pflanze, es summt und brummt über dem Feld. "Es gibt so spät kaum noch Nektar für die Bienen", sagt Lechner. Die Pflanze sei allerdings im Vergleich zum Mais eine reine Energiepflanze, es gebe zwar Versuche als Futtermittel, aber das Rind möge die rauen Blätter der Pflanze nicht.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat sich das Feld mit der Durchwachsenen Silphie nun genau angeschaut und lobt die Pionierarbeit des Landwirts. Bundesweit gebe es noch keine große Erfahrung mit der Pflanze: "Über den Mais- und Weizenanbau weiß man schon alles. Hier müssen wir viel ausprobieren", erklärt Lechner. Das erste Jahr der Bewirtschaftung sei noch recht aufwendig, die junge Pflanze müsse sich gegen Unkraut durchsetzen, und Ertrag gebe es erst vom zweiten Jahr an. Zudem müssten 2000 Euro pro Hektar in die Anpflanzung investiert werden, bei Mais seien es jährlich 200 Euro pro Hektar. Das rechne sich erst nach zehn Jahren.

Als Anfangsinvestition zahlt der Landkreis 500 Euro pro Hektar, auch damit sich in Zukunft mehr Bauern trauen, die Durchwachsene Silphie anzubauen. Damit sich der Anbau rentiert, müssten die Landwirte die Pflanze mindestens zehn Jahre auf dem Feld stehen lassen. "Viele fühlen sich dann finanziell an die Fläche gebunden", sagt Niedergesäß. Auch deshalb möchte der Landkreis die finanzielle Investition der Landwirte etwas abfedern.

Für die Aussaat musste durch den Maschinen- und Betriebshilfsring Ebersberg/München Ost eine darauf spezialisierte Firma beauftragt werden, die zur Unterstützung mit den richtigen Maschinen, Personal und Fachwissen nach Straußdorf kam. Es wurde dabei abwechselnd Mais und die Durchwachsene Silphie gesät. Ein Jahr lang gebe es kaum Ertrag, deshalb werde der Mais dazwischen gesät: "Damit man ein bisschen Ertrag hat und der Boden nicht blank ist und so Unkraut wächst", erklärt Lechner. Vom zweiten Jahr an sei der Mais nicht mehr notwendig. Für die Ernte müssen dann keine neuen Geräte angeschafft werden.

Die Ernte in diesem Herbst wird für Lechner noch nicht den vollen Ertrag abwerfen. Doch jetzt habe sich die Pflanze endlich gegen das Unkraut durchgesetzt. Er ist sich sicher: "Nächstes Jahr wird der Ertrag gut werden." Im Herbst wird Martin Rothmoser vom Energie-Werk-Betreiber Rothmoser in Grafing zum ersten Mal die Ernte der Durchwachsenen Silphie abnehmen. 50 000 Kilowattstunden stecken laut seiner Einschätzung in dem Feld. Auf einen Preis müssen sie sich noch einigen. Die Abnahme sei aber für die Landwirte gesichert: "Wir sind froh um jede Fläche, die angebaut wird. Ich bin positiv eingestellt, dass das in Zukunft mehr werden wird", sagt Rothmoser.

Die Durchwachsene Silphie solle dabei den Mais nicht komplett als Energiepflanze ersetzen: "Der Grundgedanke war, dass nur ein Teil des Maises ersetzt wird und man viele kleinere Flächen hat, die rein für Biogas genutzt werden", erklärt Josef Rüegg vom Landschaftspflegeverband. Laut Josef Winkler vom Maschinenring Ebersberg sollen rund zehn Prozent der Maisanbauflächen durch die Durchwachsene Silphie ersetzt werden. "Nicht jeder soll sein komplettes Maisfeld hergeben, sondern einen halben oder zwei Hektar." Dabei sollen auch Flächen besser genutzt werden, die weiter weg oder unförmig sind und somit schwieriger zu bewirtschaften. Im Landkreis stecken 400 Hektar "Silphie-Potenzial", schätzt Rothmoser.

Es gebe im Landkreis zwar viele Skeptiker, jedoch auch viele neugierige Landwirte, deshalb hofft Rothmoser auf mehr Flächen, auf denen die Durchwachsene Silphie angebaut wird. "Die Landwirte aus der Region können hierherkommen und sich die Pflanze anschauen", sagt Rothmoser. Laut Niedergesäß sind bereits vier weitere Anträge eingegangen. Das Budget sei aber noch nicht ausgeschöpft. Der Straußdorfer Martin Lechner sagt, es sei wichtig, Dinge auszuprobieren. Er hoffe, dass das andere motiviere, es ihm nachzumachen.

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SZ vom 06.08.2019
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