Landtagswahl 2018:Gute Frage, nächste Frage

Lesezeit: 2 min

Manch Grafinger sieht sie schon als Ministerpräsidentin: Die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze auf Wahlkampftour im Kreis Ebersberg. (Foto: Christian Endt)

Die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze steht Grafingern Rede und Antwort.

Von Clara Lipkowski, Grafing

Keine Viertelstunde nach dem Wahlkampftermin auf dem Hans-Eham-Platz teilt Katharina Schulze begeistert auf Twitter mit: "Hallo #Grafing! Ihr seid super", Herzchen. Darunter ein Foto, sie, die Grünenpolitikerin in Aktion, vor etwa 45 Grafingern, bei den Followern kommt das gut an. Likes und Retweets interessieren auf dem Hans-Eham-Platz aber weniger. Katharina Schulze, Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, soll Rede und Antwort stehen.

Die Regeln für das Wie macht sie. Jeder darf genau eine Frage stellen, Diskussion unerwünscht, wenn, dann zur Not später im Zwiegespräch. Rasant geht es etwa eine Stunde um Windkraft, Landwirtschaft, EU, Klimakrise, mögliche Koalition mit der CSU.

Kommt eine Frage mit speziellem Landkreisbezug gibt sie das Mikro auch mal an einen Kollegen aus dem Ortsverband ab, ansonsten hält sie das Mikro, und damit die Zügel fest in der Hand, schlängelt sich durch das Publikum zu dem Fragenden, schlängelt sich zurück nach vorne, antwortet schon im Gehen, nicht zu kurz, nicht zu lang. Schulze platziert klar ihre Botschaft, strahlt, ist charmant und zieht die Zuhörer auf ihre Seite.

"Es ist blauäugig zu glauben, der Strom komme nur aus der Steckdose"

Ein Grafinger will wissen, wie sie zur Windkraft stehe. Schließlich gebe es das Vorhaben, Windräder in den Ebersberger Forst zu bauen. Schulze macht klar: "Es ist blauäugig zu glauben, der Strom komme nur aus der Steckdose", er müsse irgendwo produziert werden.

Auch wenn Windräder für einige unbequem seien - um die Energiegewinnung zu 100 Prozent auf Erneuerbare umzustellen, müssten sie her. "Die 10-H-Regel gehört abgeschafft." Der Grünen-Direktkandidat für Ebersberg, Thomas von Sarnowski, ergänzt, er wolle ein entsprechendes Gutachten für den Forst abwarten. Mit 1,5 bis zwei Hektar bebauter Fläche könne er wahrscheinlich leben, die Räder müssten dann aber so hoch sein, dass sie die Vögel in den Bäumen nicht gefährden.

Zu Beginn kamen 45 Interessierte, nach und nach hörten rund 70 Menschen der Grünen-Direktkandidatin zu. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Nachfrage, ob die Partei entscheide, welche Natur zerstört wird und welche nicht? Leider keine Zeit, nächste Frage bitte. Von Machtoptionen ist jetzt die Rede. Rund 70 Menschen hören inzwischen zu, Passanten, Grünen-Aktive und eindeutig vernehmbar Grünen-Wähler.

Ob sie denn mit der CSU koalieren würde, fragt ein Grafinger, er sehe sie gar als Ministerpräsidentin. Von der absoluten Mehrheit der CSU nach der Wahl geht hier keiner mehr aus. Schulze lacht und antwortet wolkig: Man könne mit den Grünen über gerechte, ökologische und weltoffene Themen sprechen - über antieuropäische und autoritäre nicht. Aber: Sie sei nicht in der Politik, um "am Spielfeldrand zu sterben".

Das Gewerbegebiet Grafing erhitzt kurz die Gemüter. Wie Schulze zu dessen Ausbau stehe, will ein Mann wissen. Jener war auch mit Stimmen der Grünen beschlossen worden. "Denken, bevor der Bagger kommt", zitiert sie einen Kollegen. Man solle nachverdichten, in die Höhe bauen, den Flächenfraß dringend reduzieren, von 13 Hektar am Tag auf fünf, aber Gewerbegebiete seien nötig.

Der Grünen-Stadtrat Wolfgang Huber verteidigt den Ausbau: Nur ein Drittel der Fläche sei versiegelt, der Rest erhalten worden. Sichtlich zufrieden ist der Mann nicht.

Dann noch das Familiengeld. Schulze findet es unfair. Man solle stattdessen in Kitaplätze investieren. Dass Markus Söder 33 000 Wohnungen der GBW verkauft habe, gehe gar nicht, "die sind jetzt auf dem freien Markt, staatliche Wohnungen verkaufen gibt es mit uns nicht". Die Zuhörer sind angetan. Sie verabschieden Schulze mit Jubel, sie strahlt. Der Mann, dem der Ausbau des Gewerbegebiets nicht passt, zuckt mit den Schultern und steigt auf sein Rad.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: