Landkreis:Gegen Rassismus im Seniorenheim

Ausländische Mitarbeiter werden angefeindet - AWO-Häuser in Markt Schwaben und Kirchseeon reagieren.

Karin Kampwerth

Sie stammen aus Russland, Polen, Tschechien oder Rumänien und pflegen in Seniorenheimen alte Menschen, die häufig ein persönliches Schicksal mit den Herkunftsländern ihrer Helfer verbinden. Weil dabei immer wieder Konflikte mit rassistischem Hintergrund auftreten, beteiligen sich die AWO-Altenheime in Kirchseeon und Markt Schwaben an einer Aktion des AWO-Bezirksverbandes zum internationalen Tag gegen Rassismus. An diesem Mittwoch, 21. März, wollen die Häuser Zeichen für die demokratischen Grundwerte setzen. Konkrete Aktionen wird es nicht geben. Die Heimleiter wollen aber durch Gespräche mit den Mitarbeitern das Thema ins Bewusstsein rücken.

Unsere Bewohner bringen ihre ganze Vergangenheit mit, wenn sie herkommen", sagt der Markt Schwabener Heimleiter Rüdiger Schäfer. Darunter seien viele alte Menschen, die das Trauma des Zweiten Weltkrieges mit der Vertreibung aus ihrer Heimat niemals verwunden hätten. Deshalb erlebten osteuropäische Pflegerinnen immer wieder Anfeindungen bis hin zu Übergriffen durch die von ihnen Betreuten. "Manchmal ist es so akut, dass wir umgehend handeln müssen", sagt Schäfer. Er schicke zur Deeskalation dann einen deutschen Mitarbeiter.

Unter den Tisch gekehrt werden solche Vorfälle im Markt Schwabener AWO-Haus aber nicht. Schäfer sucht das Gespräch mit dem Bewohner und auch mit den Angehörigen, "um zu klären, was damals passiert ist." Mit allen Beteiligten darüber reden, helfe dann meistens, den Konflikt aus der Welt zu schaffen.

Auch Lydia Wörlein, die das AWO-Haus in Kirchseeon leitet, kennt die Problematik. Aufgrund des Pflegenotstandes beschäftigt sie eine Reihe von Mitarbeiterinnen aus Osteuropa. Für die Heimleiterin und auch die Senioren ein Segen, um die Betreuung zu gewährleisten. Dennoch hätten es die Frauen schwerer, von den Bewohnern akzeptiert zu werden. "Durch ihr einnehmendes Wesen können sie die Menschen dann aber doch recht schnell für sich gewinnen", sagt Wörlein.

Ähnliche Erfahrungen machten junge Frauen, die in der Kirchseeoner Einrichtung ein freiwillige soziales Jahr ableisten und häufig aus afrikanischen Ländern stammten. Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe seien sie anfangs angefeindet worden. "Da saßen die Mädchen manchmal bei mir im Büro und haben geweint", erzählt Wörlein. Inzwischen würden sie von den Bewohnern als große Bereicherung wahrgenommen, weil sie sich weit über die Pflege hinaus um die alten Menschen kümmern könnten.

Dennoch wird Rassismus an diesem Dienstag das beherrschende Thema der Dienstbesprechungen in Markt Schwaben wie in Kirchseeon sein. "Wir müssen das immer wieder ins Bewusstsein rücken", so Wörlein, die darüber hinaus auch den Sinn für Zivilcourage bei ihren Mitarbeitern wecken möchte. Schließlich erlebten deutsche wie ausländische Pflegekräfte über die Arbeit im Seniorenheim hinaus Situationen mit rassistischem Hintergrund - etwa, wenn an der S-Bahn jemand wegen seiner Herkunft angepöbelt wird. "Dagegen müssen wir mit vereinten Kräften vorgehen", sagt Wörlein.

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