Landkreis ErdingJugendschutz hat Vorrang

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Im Kampf gegen Alkoholexzesse Jugendlicher haben die Bürgermeister im Landkreis und die Polizei eine Liste mit Empfehlungen erarbeitet - und ernten Kritik.

Matthias Vogel

Der Landkreis Erding und seine Bürgermeister sowie die beiden Dienststellenleiter der Polizeiinspektionen Erding und Dorfen haben am Donnerstagmorgen ein "Bündnis für verantwortungsbewussten Alkoholkonsum" geschlossen. Die Partner reagieren damit auf die Zunahme von Trink-Exzessen Jugendlicher und Heranwachsender. Das Rad wurde im Besprechungsraum des Landrats Martin Bayerstorfer nicht neu erfunden. Eine Liste von Empfehlungen soll Organisatoren von Festlichkeiten schlichtweg die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes erleichtern.

Die Bürgermeister des Landkreises Erding und die Polizei reagieren auf die Zunahme von Trink-Exzessen Jugendlicher. Eine Liste des "Bündnisses für verantwortungsbewussten Alkoholkonsum" soll Organisatoren von Festen die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes erleichtern.
Die Bürgermeister des Landkreises Erding und die Polizei reagieren auf die Zunahme von Trink-Exzessen Jugendlicher. Eine Liste des "Bündnisses für verantwortungsbewussten Alkoholkonsum" soll Organisatoren von Festen die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes erleichtern. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

So schlägt das Bündnis vor, alle Veranstaltungen mit Bewirtungskonzepten, die auf die vergünstigte Abgabe von alkoholischen Getränken abzielen, wie "Flatrate-Partys" oder "All-inklusive-Veranstaltungen", zu verbieten. Außerdem werden die Initiatoren von Festen dazu angehalten, den Barbetrieb mit Schnapsausschank nur in einem abgetrennten Bereich durchzuführen, zu dem nur Volljährige Zugang haben und vor dessen Zugang eine professionelle Sicherheitskraft kontrolliert.

Außerdem hält das Bündnis die Einrichtung von geeigneten Kontrollsystemen für ratsam. Die Veranstalter sollen zum Beispiel erkennbar Betrunkenen den Zugang verwehren und von 23.30 Uhr an mittels Durchsagen darauf hinweisen, dass Minderjährige die Veranstaltung zu verlassen haben. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit stark angetrunkenen Kindern und Jugendlichen steht auf der Liste. Eltern sollen informiert werden. Sind sie nicht zu erreichen, wird der Rettungsdienst alarmiert.

Dazu sollen die Dienstvorschriften in den Verwaltungen verschärft werden. Genehmigungen für öffentliche Feste sollen demnach künftig nur bei Einreichung eines Antrages mindestens zwei Wochen vorher erteilt werden, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften gründlich prüfen zu können. "Das war schon so, wurde aber vielleicht zu locker gehandhabt", sagte Landrat Martin Bayerstorfer.

"Wir leisten Hilfestellung"

"Wir wollen es den Vereinen nicht schwerer machen. Im Gegenteil. Wir hoffen, dass ihre Feste erfolgreich sind. Aber es kann nicht sein, dass über den Jugendschutz hinweggesehen wird", sagte er. Niemand könne verpflichtet werden, sich nach dem Empfehlungen zu richten. "Wir machen aber klar, dass der Missbrauch von Alkohol zu verhindern ist." Im Gegensatz zu den Vereinen, bei denen Jugendamtsleiter Bernd Grabert laut eigenem Bekunden überwiegend auf positive Resonanz gestoßen sei, wird in einigen Gemeinderäten offenbar über das Bündnis-Papier kontrovers diskutiert.

So wird kritisiert, dass die Erziehungsberechtigten darin nicht explizit in die Verantwortung genommen würden. Das stieß bei Fraunbergs Bürgermeister Hans Wiesmaier, Kreisverbandsvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags, auf Unverständnis: "Wir müssen davon wegkommen, dass wir alles auf kommunaler Ebene regeln können. Die Verantwortung der Eltern und der Gesellschaft ist immer da, das muss nicht vermerkt werden." Mit den Empfehlungen hätten Landkreis und Kommunen ihren Verantwortungsbereich abgedeckt.

Wiesmaier sagte, er wäre enttäuscht, wenn jetzt in den Gemeinderäten mit der Fehlersuche begonnen werde. "Wir leisten einfach eine Hilfestellung für die Veranstalter und Kommunen." Für den Vertreter der Bürgermeister des Landkreises traf Bayerstorfer schließlich den Nagel auf den Kopf als er sagte: "Unsere Empfehlungen dienen dem Veranstalter ebenfalls als Schutz. Hält er das Jugendschutzgesetz ein, kann er nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn doch etwas passiert."

Ulrich Milius, Dienststellenleiter der Polizei in Dorfen, hofft nun auf eine einheitliche Vollzugspraxis, sein Erdinger Kollege Anton Altmann pflichtete ihm bei. Demnach wäre es sinngemäß schlecht, würde die Polizei auf einer Party beanstanden, was auf der Party im Nachbardorf erlaubt war. Milius sagte, das Bündnis sei nur der erste Schritt. "Man kann sich nun weiterführende Gedanken machen. Etwa seitens der Verwaltung festzulegen, nur den Ausschank von Getränken mit einem Alkoholgehalt unter 15 Volumenprozent zu erlauben. "Gut wäre es, in einen Bereich zu kommen, in dem Feste spätestens um 2 Uhr enden würden. Dann hätte sich auch die Problematik mit dem Vorglühen erledigt. Für eineinhalb Stunden geht niemand auf eine Party."

© SZ vom 10.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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