Süddeutsche Zeitung

Mitten in Vaterstetten:Sie kehrt nie wieder

Nach 19 Jahren und 15 000 Arbeitsstunden wurde in Vaterstetten die legendäre "Jacqueline" außer Dienst gestellt. Ein launiger Nachruf.

Glosse von Wieland Bögel

Es ist nun auch schon wieder eine Weile her, so um die vergangene Jahrtausendwende war es, da kamen sie bei der Berliner Stadtreinigung auf die Idee, eine Imagekampagne zu machen, und fanden dafür das Motto "We kehr for you". Eine, die sich fast ebensolange - seit 2003 um genau zu sein - diesem Motto, wenn auch nicht in Berlin, verschrieben hatte, war "Jacqueline". Denn unter diesem Namen war die Kompaktkehrmaschine des Vaterstettener Bauhofes fast zwei Jahrzehnte im Einsatz, doch nun heißt es: Sie kehrt nie wieder.

Diese Nachricht überbrachte Bauhofleiter Gerd Jansen in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses. Nach 19 Jahren und 15 000 Arbeitsstunden hat Jacqueline endgültig den Geist aufgegeben, sie konnte ihr Öl nicht mehr halten und wegen des hohen Alters waren auch keine Ersatzteile mehr verfügbar. So musste die wohl einzige Kompaktkehrmaschine des Landkreises, vielleicht sogar der Region - leider hat sich nie ein Statistiker dieser Frage gewidmet - die einen Namen trug, zum Schrottwert veräußert werden. Rest in Peaces sozusagen.

Natürlich war es nun nicht Aufgabe des Ausschusses eine Gedenkminute für die fleißige Jacqueline abzuhalten, sondern über die Nachfolgefrage zu entscheiden. Ohne Gegenstimmen wurde beschlossen, die Stelle der Kompaktkehrmaschine nachzubesetzen. Allerdings gilt auch hier, es ist immer schwierig, große Fußstapfen - oder in dem Fall: Besenspuren - auszufüllen. Das Nachfolgemodell nicht mehr so gelenkig, wie das Original, denn statt mit drei Besen, einer davon am Schwenkarm, wie Jacqueline, ist dieses nur mit zwei unterwegs. Was den Wartungsaufwand zwar senke, so der Bauhofchef, allerdings ein weiteres Gerät nötig macht, das unliebsamen Bewuchs am Straßenrand beseitigt - Jacqueline hat das noch quasi nebenher gemacht. Dafür konnte man beim Preis punkten, weil es ein Vorführmodell ist, soll die neue Kehrmaschine knapp 130 000 Euro kosten, das liege um fast 10 000 Euro unter dem Neupreis.

Finanzielle Dinge waren es dann keine, die in der Sitzung aufkamen, eigentlich blieb nur eine Frage offen, gestellt nahezu gleichzeitig von Axel Weingärtner (Grüne) und Cordula Koch (SPD): "Wie soll denn die neue Kehrmaschine heißen?" Dies ist noch nicht entschieden, aber dass "Kehr for Vaterstetten" künftig nicht von einem oder einer Namenlosen geleistet wird, scheint schon ausgemacht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5668357
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/aju
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.