Süddeutsche Zeitung

Energiewende im Landkreis Ebersberg:Planen, solange es noch geht

Als erste Landkreiskommune hat die Stadt Ebersberg Flächen für Windkraftnutzung festgelegt. Das könnte noch wichtig werden.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Bis zum Jahr 2033 ist es zwar noch etwas hin - in der Kreisstadt beschäftigt man sich indes schon eifrig mit dem kommenden Jahrzehnt. Hintergrund ist das kommenden Monat in Kraft tretende sogenannte "Wind-an-Land-Gesetz", das den Bundesländern feste Vorgaben macht, bis wann wie viel ihrer Fläche für Windräder zur Verfügung stehen müssen. Dazu gibt es bestimmte Stichtage - eben etwa den 1. Januar 2033 - und wenn bis dahin das Ziel nicht erreicht ist, sind sogar Eingriffe in die kommunale Planungshoheit möglich. Außer man hat einen Plan.

Einen Flächennutzungsplan nämlich, und an einem solchen wird in der Kreisstadt schon seit gut eineinhalb Jahren gearbeitet. Im Sommer 2021 beschloss eine große Mehrheit des Stadtrates, dass in Ebersberg Voraussetzungen zum Bau von Windrädern geschaffen werden sollen. Zwar hatte die CSU-Staatsregierung bekanntlich 2014 die berüchtigte 10H-Regel erlassen, wonach Windräder mindestens das Zehnfache ihrer Höhe vom nächsten Wohnhaus entfernt sein müssen. Aber nur, wenn die Kommunen über ihre Flächennutzungspläne nichts anderes festlegen.

Vor allem im Norden und Südosten der Stadt Ebersberg sollen Windräder gebaut werden

Und genau darum sollte es in Ebersberg gehen, die Stadt stellte ein Standortkonzept für Windkraft auf, Ende vergangenen Jahres wurde es im Stadtrat präsentiert und beschlossen. Grundsätzlich soll zu reinen Wohngebieten ein Abstand von mindestens 900, von allgemeinen Wohngebieten, wo es auch Gewerbe gibt, 600 Meter eingehalten werden. Demnach wären rund um die Kreisstadt insgesamt 33 Standorte möglich - dass tatsächlich an jedem davon ein Windrad gebaut wird, gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich. Zumal Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Artenschutzbelange oder Konflikte mit anderen Nutzungen, wie Radaranlagen oder PV-Flächen noch nicht untersucht wurden.

Der Stadtrat verständigte sich damals auch darauf, wo vorzugsweise Windräder entstehen sollen. Das ist vor allem im Norden, also Richtung Forst, und im Südosten, nahe der Ortschaft Traxl, wo es schon Interesse am Bau einer Anlage gibt. Im Westen und Südwesten des Gemeindegebietes, wo nach den Vorgaben des Konzepts auch Standorte möglich wären, sollen aber zunächst keine Windräder gebaut werden.

Und genau diese Festlegung könnte den Ebersbergern in den kommenden Jahren sehr entgegenkommen. Zumindest, wenn es gelingt, das Standort-Konzept bis Februar kommenden Jahres in einen gültigen Flächennutzungsplan zu gießen. Ein solcher, so wurde es kürzlich im zuständigen Stadtratsausschuss vorgestellt, wäre nämlich auch gegenüber einer zukünftigen landesweiten oder regionalen Planung bindend.

Bayern soll für Windräder 1,8 Prozent seiner Fläche nutzen, Ebersberg hätte 13,8 Prozent

Konkret bedeutet dies: Wenn die Stadt Ebersberg bis in einem Jahr per Flächennutzungsplan sogenannte Konzentrationsflächen für Windräder festlegt, ist es nahezu ausgeschlossen, dass etwa der Regionale Planungsverband Standorte auf Ebersberger Flur definiert. Dies ist deshalb wichtig, weil nicht auszuschließen ist, dass der Freistaat die Ausbauziele bei der Windkraft - bis 2028 insgesamt 1,1 und bis 2033 dann 1,8 Prozent der Landesfläche - nicht erreichen wird. In dem Fall würden die übergeordneten Stellen dann Flächen festlegen, ohne dass die Kommunen viel Mitspracherecht hätten. Es sei denn, es gibt bereits ausreichend potenzielle Standorte für Windräder.

Die Ebersberger wären mit ihrem Teilflächennutzungsplan Windkraft wohl auch deshalb auf der sicheren Seite, weil sie das Ausbauziel des Landes auf ihrem eigenen Gebiet deutlich übererfüllen: Wie in einer vergangenen Sitzung dargelegt, würden mit dem Plan insgesamt 564 Hektar oder 13,8 Prozent der Gemeindefläche potenzieller Windkraft-Standort - also mehr als das Siebenfache des im "Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land" vorgegebenen Wertes.

Was auch darum wichtig ist, sollte der Vorwurf einer sogenannten Negativplanung aufkommen. Dies kennt man beispielsweise bei Kiesgruben, hier können Kommunen zwar festlegen, wo sie solche nicht haben wollen - aber nur, wenn anderswo im Gemeindegebiet ausreichend Flächen für Kiesabbau ausgewiesen werden. Dieses Prinzip der Positivplanung werde man auch als Ziel für den Windkraft-Flächennutzungsplan definieren, so die Verwaltung, ausdrücklich auch, um die Möglichkeit zu haben, etwa im Westen der Stadt den Bau von Windrädern nicht zu erlauben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5731503
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/aju
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.