Landkreis Ebersberg:Wer sich als Standort für die neue Berufsschule bewirbt

Landkreis Ebersberg: Unterricht an einer Berufsschule - das soll auch im Landkreis Ebersberg bald der Fall sein (Symbolfoto).

Unterricht an einer Berufsschule - das soll auch im Landkreis Ebersberg bald der Fall sein (Symbolfoto).

(Foto: Stephan Rumpf)

Lange galt Grafing-Bahnhof als aussichtsreicher Kandidat für die erste Berufsschule im Landkreis Ebersberg. Nun sind auch andere im Rennen.

Von Wieland Bögel und Thorsten Rienth, Ebersberg

Verliert der Landkreis das Rennen um die Berufsschule an die Münchner Nachbarn? Zumindest im FDP-Kreisvorstand gibt es diese Befürchtung. Der Kreisvorsitzende und Kreisrat Alexander Müller mahnt nun zu mehr Anstrengungen: "Wenn wir nicht bald einen geeigneten Standort entlang der S-Bahn nach Ebersberg finden, wird am Ende die Berufsschule im Landkreis München entstehen." Für die Liberalen ist dies keine Option, stellt Müller klar: "Für die FDP gehört zur Bildungsvielfalt eine Berufsschule genauso wie ein Gymnasium." Darum brauche es "ein Wettrennen der Gemeinden im Landkreis um die Berufsschule". Offenbar ist es bereits in vollem Gange.

Denn Grafing, das nach den geplatzten Verhandlungen in Zorneding mit einem noch zu findenden Grundstück in Grafing- Bahnhof eingesprungen war, hat inzwischen Konkurrenz. Zwei weitere Grundstücke seien im Rennen, bestätigte das Ebersberger Landratsamt. Welche es sind, bleibt aber vorerst noch ein Geheimnis.

Alleine die Ankündigung aber reichte, dass in Grafing, wo man sich bereits als sicherer Sieger wähnte, die Nervosität stieg. Prompt sickerte durch, dass man mit der konkreten Standortfindung schon einen guten Schritt weiter sei: Ausgangspunkt des Szenarios ist demnach der vor einigen Jahren neu gebaute Parkplatz im Westen der Bahngleise. Ein direkt daneben liegender Streifen Wiese gehört der Stadt. Das Feld dahinter lediglich einem einzigen Eigentümer. Und der habe grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft signalisiert.

Doch was ist dran an der Geschichte? Dass sie mehrere Grafinger Quellen mit unterschiedlichem parteipolitischen Hintergrund so wiedergeben, spricht für Glaubwürdigkeit. Andererseits könnten die Informationen auch ganz bewusst gestreut werden. Das schließlich erhöhte den Druck auf andere Grundstückseigentümer - zum Beispiel im Osten der Bahngleise zwischen Grafing-Bahnhof und Nettelkofen.

In Grafing weißt man stolz auf die gute Verkehrsanbindung hin

Das Kultusministerium stellte bislang klar, neben den drei bis fünf Hektar Fläche sei auch eine exzellente Verkehrsanbindung Voraussetzung. Kein Wunder also, dass der Grafinger CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber einer Wiederholungstaste gleich die Lage von Grafing-Bahnhof ins Licht rückt: Der Eilzuganschluss nach München und Rosenheim. Die Regionalbahn nach Wasserburg. Eine Bus-Drehscheibe mit Linien bis weit hinaus auf die Dörfer. Zur B 304 dauert es mit dem Auto keine fünf Minuten. Gleiches gilt für die Kreisstraße nach Glonn und die Staatsstraße nach Bad Aibling. "Ich habe das Gefühl, dass wir ganz gut im Rennen sind", sagte Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne)

am Dienstag. Zorneding ist bereits seit Anfang Oktober aus dem Rennen. Das erste Grundstück in Pöring neben dem Flüchtlingswohnheim gab die Gemeinde auf, nachdem Anwohner gegen eine Berufsschule in der Nachbarschaft protestiert hatten. Sie befürchteten täglich etwa 400 Autos zusätzlich. Auch beim zweiten - diesmal anliegerfreundlicheren - Standort am Gewerbegebiet Pöring hatte die Gemeinde kein Glück. Dazu hätte es eines Grundstückstauschs bedurft, der zwischen Gemeinde und Eigentümer aber nicht zustande kam.

Falls aus dem Standort in Grafing-Bahnhof nichts wird, müsste also anderswo entlang der S-Bahn gesucht werden. Etwa südlich des Gruber Bahnhofes. Theoretisch wäre dort genügend Platz für eine Berufsschule, auch die Verkehrsanbindung wäre durch die Nähe zur S-Bahn im Norden und zur Autobahn 94 im Süden gewährleistet. Bei den beiden Gemeinden Poing und Vaterstetten ist diese Nutzung indes keine Option.

Georg Kast, Wirtschaftsförderer im Vaterstettener Rathaus, verweist darauf, dass man auf der Fläche ein Logistikzentrum ansiedeln wolle, der Autobauer BMW hatte Interesse angemeldet. Für eine Berufsschule sei dann dort kein Platz mehr. Auch auf Poinger Seite sei nichts geplant, versicherte Bürgermeister Albert Hingerl (SPD). Der Bau des fünften Gymnasiums im Landkreis, als dessen Standort der Kreistag Poing ausgewählt hatte, bedeute ohnehin erst einmal genügend Arbeit.

In Ebersberg hatte der Stadtrat zumindest drei mögliche Standorte untersucht, sagte Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) - mit dem Ergebnis, dass keiner geeignet sei. Nur ein Grundstück sei im Besitz der Stadt, dieses liege aber Richtung Langwied, also nicht gerade verkehrsgünstig. Die anderen beiden - eines südlich des Volksfestplatzes, das andere bei Moossteffl - sind zwar näher an der Bahn, aber die Stadt müsste sie kaufen, vermutlich zu Wohnbaulandpreisen. Allerdings, so Brilmayer, sei eine Schule "an der Nebenlinie der S-Bahn" wohl nur schwer vermittelbar.

In Kirchseeon ist die Bahnverbindung zwar besser. Aber auch dort fehlt Bürgermeister Udo Ockel (CSU) zufolge ein geeignetes Grundstück. Freiflächen gibt es in der Gemeinde zwar schon. Die eine ist aber das mit Chemikalien belastete ehemalige Schwellenwerk. Die andere, eine Ackerfläche beim Eglhartinger Bahnhof, stehe nicht zum Verkauf.

Bleibt als letzte Möglichkeit noch, dass der Landkreis selbst ein Grundstück einbringt oder sich beim Kauf mit einer Kommune zusammentut. Bei vergangenen Schulprojekten, etwa den Gymnasien und Realschulen, galt stets: Der Landkreis baut, die Stadt oder Gemeinde stellt den Grund. In Stein gemeißelt ist die Regel allerdings nicht. Aus den Kommunen - freilich auch aus Grafing - sind derartige Stimmen bereits zu hören. Ein solch überregionales Projekt mache eine Beteiligung des Landkreises nötig, etwa per Zuschuss für den Grundstückskauf. Sollte diese Auffassung im Kreistag Mehrheit finden, dürfte die Zahl möglicher Standorte wieder deutlich wachsen - auch Zorneding wäre dann unter Umständen wieder eine Option.

Diesen Donnerstag ist erst mal wieder Grafing-Bahnhof an der Reihe. Um 19 Uhr beginnt im "Orfeas" die Teilbürgerversammlung. Dabei dürfte es ein erstes Stimmungsbild geben, was die Anwohner zu einem möglichen Berufsschulstandort in ihrem Ortsteil sagen.

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