Zum Welttag des Buches:"Lies mal wieder" leicht gemacht

Aktion der Post: Zustellerin Peggy Schulz verschenkt an Ebersberger Haustüren Bücher diverser Genres. Viele freuen sich, vor allem Kinder und Frauen.

Von Michaela Pelz

Mit dem Slogan "Schreib mal wieder!" rief die Deutsche Post 1985 dazu auf, doch wieder öfter einmal zum Stift zu greifen. Seit 2007 setzt sich der Logistikkonzern als Partner der "Stiftung Lesen" auch für eine weitere wichtige Kulturtechnik ein: das Lesen. Mehr als 500 Mitarbeiter des Unternehmens bis hin zum Vorstand fungieren als ehrenamtliche Vorlesepaten, und vor allem besonders rund um den 23. April, dem "Welttag des Buches", finden auf gemeinsame Initiative von Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Stiftung Lesen, Deutsche Post, ZDF und Cbj-Verlag zahlreiche Aktionen statt. Eine davon ist seit 2012, dass die Post Bücher verschenkt, direkt an der Haustüre, während der normalen Zustellung.

Welttag des Buches - Post verschenkt Bücher

Die Postzustellerin Peggy Scholz verschenkt in Ebersberg zum Welttag des Buches Lesestoff.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

So öffnet Peggy Schulz an diesem Tag im Ebersberger Nieselregen die Heckklappe ihres gelben Postautos, wo sie heute zusätzlich zu den zahlreichen Post- und Paketsendungen jeglicher Größe auch eine ganz besondere Kiste transportiert, randvoll mit Lesestoff. Neben Pappbilderbüchern für die Allerkleinsten, den beliebten Geschichten vom "Kleinen Drache Kokosnuss" und anderen Kinderbüchern gibt es da historische Romane, Schmöker aus der Schwestern-Reihe von Lucinda Riley sowie Bestseller von Ellen Sandberg, Charlotte Link und Peter Wohlleben. Die Titel sollen in den hübschen Häusern mit ihren hellgelben Fassaden ein neues Zuhause finden. Mehr als 1000 Lesefreunde dürfen sich bei der Verschenk-Aktion deutschlandweit über ein Buch freuen, das die Post für diesen Zweck ganz regulär und teilweise sogar direkt in den örtlichen Buchhandlungen erworben hat.

Welttag des Buches - Post verschenkt Bücher

In Peggy Scholzs gelber Kiste findet sich eine bunte Auswahl an Titeln für Kinder wie Erwachsene.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit einem Jahr ist Peggy Scholz für ihren Bezirk zuständig - man kennt und schätzt die Steinhöringerin, wie durch die herzliche Begrüßung an den Türen schnell deutlich wird. Darum weicht die anfängliche Verwunderung über das Geschenkangebot fast überall schnell einem Lob für die Aktion. Eine Mutter findet es super, wenn Kinder auf diese Weise animiert werden, sich mit Büchern zu beschäftigen, statt schon im Kindergarten über ihre Lieblings-TV-Serien zu reden. Ihr Dreijähriger ist zunächst ein wenig schüchtern, zieht am Ende aber höchst zufrieden mit einem Buch ab. Lautstark begeistert ist hingegen die zweijährige Josephine, die das "ABC der Natur" gar nicht mehr loslassen möchte. "Als wäre schon wieder Ostern", sagt ihre Mama und schmunzelt.

Welttag des Buches - Post verschenkt Bücher

Vor allem bei Kindern ist die Freude über die verschenkten Bücher groß.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Groß ist die Freude auch bei einer Dame, die ihren Namen zwar lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, jedoch sehr gern zu Protokoll gibt, dass sie die Aktion "supertoll" findet, weil sie Bücher liebt. "Ich kaufe nicht online, sondern gehe dafür in den Laden. Und es ist so schön, die Bücher anfassen zu können, deswegen lese ich nicht auf dem Tablet." Seit einem Jahr sitze sie im Homeoffice, sagt die Vertrieblerin.

Von ihrer Arbeit am Computer weggeholt wird auch Elke Graffy, die ihr Ehemann schnell nach unten an die Haustüre ruft, als er die Bücherkiste sieht. Die Personalentwicklerin erklärt, sie habe ein Faible für Krimis und Thriller, zuweilen dürfe es auch mal ein Liebesroman zur Ablenkung sein. Nun allerdings greift sie zielsicher zu dem Sachbuch "Der Außerirdische ist auch nur ein Mensch". "Ich sehe Harald Lesch unglaublich gern im Fernsehen", begründet die Ebersbergerin ihre Entscheidung. Mit Physik habe sie sonst nichts am Hut, das sei ihr ein Buch mit sieben Siegeln, "aber Lesch bringt diese Themen so faszinierend rüber, dass man wirklich etwas versteht."

Unabhängig vom Genre sind es, so die Beobachtung, in erster Linie Frauen, die beherzt in die Bücherkiste von Peggy Scholz fassen - wie etwa die Dame, ursprünglich aus Osaka, die hier für eine japanische Firma arbeitet und mit dem Buch etwas für ihre Deutschkenntnisse tun will. Die meisten der angetroffenen Männer hingegen führen an, "keine Zeit", "kein Interesse" oder "schon so viel Lektüre und keinen Platz für weitere Bücher" zu haben. Anders bei Gerald Krummeck - beim ihm und seiner Frau ("sie ist der größere Bücherwurm von uns beiden") wird "gern und viel" gelesen. Dennoch wählt der 64-Jährige keinen Titel für sich, sondern ein Bilderbuch über die Feuerwehr für den anderthalbjährigen Enkel Jonathan.

Zustellerin Peggy Scholz selbst ist übrigens keine große Leserin - schlicht aus Zeitmangel. Denn ihr Hobby seien Tiere, wie sie erzählt: Nach der Arbeit gehe sie meist zu ihren Pferden, außerdem habe sie seit neuestem einen kleinen Hund. Da sie an diesem besonderen Tag in Ebersberg weiterhin routiniert nicht nur Briefe und Pakete verteilt, sondern auch Bücher, ist die Kiste bald schon merklich leichter geworden. Und irgendwie hat das Strahlen der Empfängerinnen und Empfänger diesen wolkenverhangenen Tag gleich viel freundlicher gemacht. Vielleicht ist das ja sogar genau das richtige Wetter, um die Idee "Lies mal wieder!" sogleich in die Tat umzusetzen.

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