Sozialwohnungen in Vaterstetten:Einfach vertrödelt

Seit 2018 steht die Sozialsiedlung an der Dorfstraße auf der Agenda, doch der Gemeinderat ließ die Gelegenheit zur Umsetzung verstreichen. Nun dürften Jahre vergehen, bis in Vaterstetten günstige Wohnungen gebaut werden.

Kommentar von Wieland Bögel

Die Mieten in der Großgemeinde sind zu teuer - darüber herrscht seit Jahren weitgehend Einigkeit. Nicht ganz so einig war man sich in der Vergangenheit indes, wie sich diesem Problem beikommen lassen könnte. Lange Jahre hat die Mehrheit des Gemeinderates hier auf die Kräfte des freien Marktes vertraut, so um den Beginn des aktuellen Jahrtausends hat sich Vaterstetten komplett aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen - den dadurch aufgelaufenen Mangel an günstigen Wohnungen aufzuholen, wird nicht einfach werden.

Die Folgen des Rückzuges der öffentlichen Hand aus dem Wohnungsmarkt zeigen sich in Hochpreisregionen, wie der Gemeinde Vaterstetten, besonders. In Verbindung mit einem generellen Fachkräftemangel und einem nicht nachlassenden Zuzug werden die hohen Mieten zu einem Problem für das Funktionieren der sozialen Infrastruktur. So gibt es in den Vaterstettener Kindergärten und Krippen seit Jahren Schwierigkeiten, genügend Personal zu finden, ähnlich schwer tun sich Alten- und Pflegeeinrichtungen. Helfen würde es - auch das ist seit Jahren bekannt - könnte man den potenziellen Mitarbeitern eine Dienstwohnung anbieten, oder wenigstens eine Bleibe in Arbeitsplatznähe und zu erschwinglichen Preisen. Dies hätte in der geplanten Siedlung an der Dorfstraße umgesetzt werden sollen, nach aktuellem Stand könnten dort rund bezahlbare 150 Wohnungen entstehen - wenn sie denn entstehen.

Denn die Entscheidung des Gemeinderates, das Projekt auf die Warteliste zu setzen, bedeutet, dass die Wohnungen in absehbarer Zeit nicht gebaut werden. Denn darum geht es ja bei einer Warteliste: Vorhaben, die eine Mehrheit als sinnvoll aber auch als zu teuer ansieht nicht komplett zu streichen, in der Hoffnung, sie eines Tages umsetzen zu können. Dass die Gemeinde Vaterstetten in der aktuellen Situation mit steigenden Preisen, Lieferschwierigkeiten und unklarer Einnahmenentwicklung nicht mal eben ein 20-Millionen-Projekt stemmt, zusätzlich zu allen anderen Aufgaben, wie Schul- und Straßensanierungen oder Geothermie, ist natürlich nur vernünftig und nicht zu kritisieren.

Durchaus Kritik gefallen lassen müssen sich die Verantwortlichen indes dafür, dass an der Dorfstraße nicht längst eine Gemeindesiedlung steht. Denn Zeit, das Vorhaben umzusetzen, wäre genug gewesen, immerhin steht es seit 2018 auf der Agenda, vor gut drei Jahren wurden die konkreten Pläne vorgestellt. Doch statt sofort in die Umsetzung zu gehen, entschied sich der Gemeinderat aus - weil in nichtöffentlicher Sitzung geschehen - bis heute nicht bekannten Gründen für einen Wechsel des Architekten und eine komplette Umplanung. Später wurde dann diese von einer Mehrheit des Gremiums auf Halt gesetzt, weil man es lieber mit einer Genossenschaft oder der Ebersberger Wohnbaugesellschaft umgesetzt hätte.

Und als dann alle Unklarheiten beseitigt waren, war eben kein Geld mehr da für ein Projekt, das doch alle als so wichtig erachten - jedenfalls solange man es nicht konkret umsetzen muss.

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