Süddeutsche Zeitung

Rathaus Vaterstetten:Leise bröselt der Beton

Am Sitz der Gemeindeverwaltung steht die nächste Sanierungsmaßnahme an: Die Fassade muss erneuert werden, was mindestens 330 000 Euro kosten soll.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde liegt zwar ein gutes Stück von jeglichem Gebirge entfernt, dennoch besteht in Vaterstetten die Gefahr von Steinschlag - wenn auch nur in einem sehr begrenzten Areal: rund um das Rathaus. Dort, so war es nun auch im Gemeinderat zu erfahren, ist kürzlich ein Betonstück aus der Fassade auf den Gehweg gefallen. Zum Glück wurde niemand getroffen, dennoch verweist die Bauverwaltung darauf, dass "je nach Größe und Fallhöhe" die abbröselnde Fassade "zu einem ernsthaften Unfall führen könne". Darum muss nun saniert werden - und das wird nicht billig.

Drei Varianten, wie dem Steinschlag in der Wendelsteinstraße ein Riegel vorgeschoben werden kann, stellte Ralf Schloemlich vom Bauamt den Gemeinderatsmitgliedern vor. Bei der einfachsten würde lediglich die Fassade von allen Seiten abgeklopft, um lose Teile zu finden. Diese würden dann abgeschlagen und die Löcher zubetoniert. Die etwas umfangreichere Sanierungsvariante beinhaltet an der am stärksten beschädigten Westseite eine intensivere Prüfung auf Schäden durch die sogenannte Carbonatisierung. Bei dieser chemischen Reaktion setzt sich der Beton in Kalkstein um, was die Stahlarmierungen beschädigen kann. Außerdem würde eine Schutzschicht gegen weitere Carbonatisierung aufgetragen. Bei der umfangreichsten Sanierungsvariante hätte diese Schicht eine höhere Dichte, außerdem würden die Schadstellen mit einem Spezialmörtel ausgebessert.

Je nach Variante ergäben sich unterschiedliche Nutzungsdauern, so die Stellungnahme des Bauamtes. So ist die einfache, bei der nur die losen Teile entfernt werden, auf etwa fünf Jahre angelegt. Die etwas aufwändigere mit Schutzschicht und Verkalkungsprüfung auf zehn, und die Variante mit Premiumbeschichtung auf 15 Jahre. Die Verwaltung empfahl dem Gemeinderat die letzte - und mit Kosten von rund 330 000 Euro teuerste - Variante, denn es sei realistisch, dass das Rathaus noch eineinhalb Jahrzehnte genutzt werde.

Was einen kleinen Ausblick erlaubt auf die vor gut zwei Jahren von Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) angekündigte Prioritätenliste. Unter dem Arbeitstitel "Agenda 2030" sollten alle anstehenden Großprojekte gelistet und, ähnlich wie beim Straßenbauprogramm vor einigen Jahren schon geschehen, mit einer Dringlichkeit versehen werden. Eine dieser Maßnahmen ist auch das Rathaus, dieses war schon des öfteren auf der Abrissliste gestanden, allerdings scheiterte ein Neubau des Verwaltungssitzes stets an den klammen Finanzen.

Was nicht bedeutet, dass die Gemeinde für das Rathaus kein Geld ausgeben musste. Fast schon Tradition hat die regelmäßige Reparatur des Dachs über dem Lichthof - deren Erfolg indes immer nur von kurzer Dauer ist. So gehören die bunten Eimer im Foyer fast schon zum Inventar - erst kürzlich musste die Weihnachtskrippe mit einem zusätzlichen Bachlauf versehen werden, um das von der Decke tropfende Wasser aufzufangen.

Vor knapp fünf Jahren war bereits eine umfangreiche Brandschutzsanierung nötig, nachdem 2016 ein Gutachter dem Rathaus mehr oder weniger den Charakter einer Todesfalle bescheinigt hatte. Mit dem Beschluss zur Ertüchtigung des Brandschutzes - der übrigens auch etwa eine Drittelmillion Euro gekostet hat - beschloss der Gemeinderat damals auch, dass dies die letzte Investition in den Bau aus dem Jahr 1970 gewesen sein sollte. Ohne Gegenstimmen wurde nach ausführlicher Debatte damals für einen baldigen Neubau votiert - beides fand nun nicht statt.

Weder gab es eine Wortmeldung, noch eine Gegenstimme zur Aussicht, dass man das alte Rathaus noch mindestens 15 Jahre nutzen wird. Auch, dass die Kosten wohl deutlich die 330 000 Euro übersteigen dürften - die Behebung von Schäden am ehemaligen Feuerwehrhaus nebenan sind noch nicht eingepreist, genausowenig wie die nächste Dachsanierung - blieb im Gremium unkommentiert und unwidersprochen.

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